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Überholung von Koni-Federbeinen (7610P-1302 "Special D")

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Oette
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Überholung von Koni-Federbeinen (7610P-1302 "Special D")

Beitrag von Oette »

So,

da die Onlinequellen zur Überholung von Stoßdämpfern doch recht spärlich ausfallen, möchte ich hier mal einen kleinen bebilderten Leitfaden für einen weiteren Typ Koni-Stoßdämpfer schreiben.

Die Anleitung von http://www.italoclassicbikes.de/resto/fs_resto.htm ist zwar nett, jedoch kam für mich die Verwendung des Nutrings nicht in Frage, da diese nicht unbedingt gut für diesen Anwendungszweck geeignet sind.
(Der ölgedämpfte Koni erzeugt keinen Überdruck beim Einfedern, daher ist der Nutring eine ungünstige Dichtungswahl, denn er benötigt hohe Drücke um überhaupt erst richtig zu dichten)

Die Anleitung unter http://classic-bike1.de/konireparatur.html ist leider nur für den Standard-Koni 7610-1302 anwendbar, die hier vorliegende Version "Special D :tease: " ist leider anders aufgebaut, daher ist ein Großteil der Anleitung nach Entnahme der Kartusche nutzlos.


In meinem Fall haben meine schönen Aludämpfer des Typs 7610P-1302 Edition "Special D" (Wirklich Special, da werde ich später noch einmal drauf kommen) Öl überall dahin verteilt, wo es nicht sein sollte.

Zuallererst habe ich mal einen von 2 Dämpfern ausgebaut, denn beide lecken und verteilen ihr Öl dahin, wo es nie hinkommen sollte.
Wie man die Feder entspannt spare ich mir an dieser Stelle einmal. Nutzt sicherheitshalber vernünftiges Werkzeug, denn die Vorspannung die man darauf geben muss um die Federsicherung entnehmen zu können hat es schon in sich!

Ist die Feder erst einmal abgenommen, kann man sich an den Dämpfer machen. Dieser besteht aus dem Außengehäuse und der innenliegenden Dämpfungskartusche, die über eine Verschraubung in das Gehäuse gepresst wird.
Diese Verschraubung kann laut anderen Quellen wohl hartnäckig zu lösen sein, hier gestaltete sich dies mit einem Stirnlochschlüssel nach vorsichtigem "Walgen" des Gewindes im Schraubstock (Sprich: Mit Alu- oder Kunststoffklemmbacken einspannen und mit sanften Druck rundherum ein, zweimal anziehen, damit sich Verbackungen im Gewinde lösen) relativ einfach. Der Stirnlochschlüssel ist nicht abgerutscht und die Verschraubung ist wie neu geblieben :fingerscrossed: .


Kaum ist die Verschraubung (Pos. 14 im Teileschaubild unten) gelöst, kann man die Kartusche ziehen. Leider ist diese nicht ganz so einfach heraus zu bekommen, sodass es sich hier wieder empfiehlt, vorsichtig vom Schraubstock Gebrauch zu machen. Den Dämpfer mit dem oberen Auge in die Alubacken spannen und mit einem sehr weichen Kantholz und zwei drei vorsichtigen Hammerschlägen auf den Rand des unteren Stoßdämpfergehäuses löst sich dann auch die Kartusche nach 35 Jahren aus ihrem Sitz im Außengehäuse.

Dann haben wir diese beiden Teile vor uns liegen:

Die Außenhülse der Kartusche:

Bild

Den Kolben des Stoßdämpfers mit dem gesamten oberen Ende:

Bild

Ihr seht, der O-Ring hat sich nach einigen Jahren im bewegten Ölbad auch gehen lassen (ist nicht beim Herausziehen passiert).

Unten am Kolben ist nun eine Verschraubung mit 11er Sechskant, den es zu lösen gilt. Wieder die Kolbenstange vorsichtigt quer in den Schraubstock spannen und mit relativ wenig Kraft ist die Schraube gelöst.

Nun können wir die Kolbeneinheit zerlegen. Es sind viele Scheiben und Kleinteile verbaut, die unbedingt wieder in der richtigen Lage und Reihenfolge zusammenzubauen sind. Daher macht euch ein großes Papier frei und legt die Teile mit Beschriftung der Positionen in der richtigen Reihenfolge auf die Werkbank. Macht zur Sicherheit auch noch einmal Mitbewohner und Hunde aufmerksam, dass bitte auch jeder die Finger davon lässt :zunge:

Das ganze sieht nach Demontage und Reinigung mit Bremsenreiniger dann so aus:

Bild

Bild

Bild

Der Stoßdämpfer ist nun voll demontiert.
Am Kolben und den beweglichen Teilen ist in meinem Fall weder Einlaufspur noch Abrieb oder eine Riefe zu finden, der Zustand ist sehr gut. Lediglich die Dichtungen werden wohl nach Jahrzehnten in ihrer Zusammensetzung nicht mehr das Wahre gewesen sein und daher gelitten haben.

Entnehmen wir nun den Simmerring/Wellendichtring (13) aus der Verschraubung und den O-Ring (12) (mit Dreiecksprofil) von dem Passungs- und Führungsteil (11) und erleben die erste Hürde in der Instandsetzung:

Problem 1: Simmerringdimension 11.75x22.1x7

Herzlichen Glückwunsch, hier wollte Koni künstlich Nachfrage für Ersatzteile schaffen. Bei näherer Begutachtung des Simmerrings stellt sich heraus, dass es ein gewöhnlicher Wellendichtring mit verlängerte Staublippe ist. Einen solchen, in diesen Dimensionen aufzutrieben ist unmöglich. Es gibt einen "seriösen" Anbieter in Ungarn, aber hm... neee :roll:

Entschieden habe ich mich daher, folgenden Weg zu gehen:

Die nächste, passende Dimension mit Staublippe ist ein zölliger Dichtring mit den Maßen 11.11x22.22x6,35.
Bevor hier gleich jemand kräht, dass der Dichtring zu eng sitzt: Formal tut er das, jedoch ist er so gearbeitet, dass er den halben Millimeter gut verkraftet. Zudem haben wir es hier mit einer verchromten und hochvergüteten Oberfläche zu tun, sodass der geringfügig strammere Sitz wenn überhaupt nur geringfügige Auswirkungen auf die Standzeit haben sollte!

Die Staublippe ist jedoch, wie üblich, eine kurze. Das ist nicht weiter problematisch, da auch die längere Version nicht davon befreien konnte, den Koni am Dichtungssitz hin und wieder zu säubern. Die Passung des Außenrings ist mit 0.12mm mehr auch zufrieden, der Simmerring lässt sich gut hinein drücken, es bedarf aber einer dünnen Scheibe um die 0,7mm auszutarieren.

Problem 2: O-Ring mit Dreiecksprofil

Bild

Einen solchen O-Ring in der Dimension von AD:32 ID:24 zu beschaffen ist nicht möglich.
Stattdessen lassen sich vorzüglich gewöhnliche O-Ringe der Maße 24x4 verwenden (IDxSchnurstärke). Diese schließen genauso mit dem Gehäuse ab und haben zudem noch geringfügig mehr Anpressdruck. Es wirkt sich nicht auf den Dämpfer aus, da diese O-Ringe lediglich die Kartusche gegen das Außengehäuse abdichten.


Bis hier hin bin ich gestern gekommen, der Zusammenbau erfolgt beschrieben in Kürze.

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Oette
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Re: Überholung von Koni-Federbeinen (7610P-1302 "Special D")

Beitrag von Oette »

Weiter gehts, Nummer eins ist praktisch fertig. Lediglich die Feder muss wieder einhangen werden.

Wir können nun, nach gewissenhafter Säuberung und ggf. Polierarbeiten den Dämpfer wieder zusammen bauen und die neuen Dichtungen verbauen.

Die gewählten Dichtelemente passen im Übrigen sehr gut, der Simmerring sitzt perfekt. Beim Durchführen der Stange muss jedoch darauf geachtet werden, dass die Staublippe des Simmerrings nicht "umgeklappt" wird. Ist dies der Fall, kann man die Stange sanft in die Gegenrichtung drücken und die Staublippe hat genug Raum sich in die richtige Richtung zu "entfalten".

Bild

Den Dreiecks-O-Ring vermissen wir nicht mehr, da der 24x4mm O-Ring bei Kompression durch die Verschraubung später eine wundervolle Wölbung zur Abdichtung vollzieht.

Bild

Wir können also nun, mit Beachtung der Staublippe, die Teile in umgekehrter Reihenfolge wieder auf die Stange schieben und mit der Schraube verschrauben.

Bild

Kommen wir nun zum Eingemachten, denn wir müssen die Dämpfer mit neuem Gabelöl befüllen. Meine Dämpfer sind in der Zugstufe einstellbar, es ist also nicht zu gravierend, wenn das Öl leicht zu dünn oder dick gewählt wird.
Ich entschied mich an dieser Stelle jedoch für SAE 10 Gabelöl, denn es bietet einen guten Kompromiss in Sachen Komfort und Sportlichkeit und bietet mir mit der Zugstufenverstellung wohl den besten Einstellbereich.

Zur Befüllung habe ich mir ein Dosierfläschchen befüllt und auch eine Pipette bereit gelegt, die man wirklich später brauchen kann.

Bild

Nun spannt man das untere Dämpfergehäuse in aufrechter Position ein und es geht an den Wiederzusammenbau des Dämpfers.

Bild

Wir stecken die Kartuschenhülse mit dem Kronenring ein (Kronenring zeigt mit halbrunden Ausschnitten nach unten)

Bild

Und befüllen das innere Rohr bis zum Rand mit Gabelöl

Bild

Da nun eine kleine Rechnung fällig wird, verweise ich auf die Darstellung unter

http://classic-bike1.de/konireparatur.html

welche die Vorgehensweise und deren Gründe sehr schön erläutert.

Ich habe also die passende Füllhöhe nach o.g. Vorgehensweise ermittelt und befülle nun das äußere Rohr bis zur am Messschieber eingestellten Füllhöhe(bzw. der ermittelten "Leerhöhe").

Es empfiehlt sich hierbei die Pipette zu verwenden und am Messschieber 1mm mehr einzustellen, so kann man so lange hinzudosieren oder herausziehen, bis das Öl gerade noch minimal am Messschieber zu sehen ist. Wir haben nun die richtige Ölfüllung eingestellt.

Man kann es erahnen, an der Messschieberspitze hängt ein kleines Tröpfchen Öl (der zusätzliche Eintauchmillimeter)

Bild

Jetzt kann die Dämpferstange wieder mit dem Gehäuse verschraubt werden. Dazu wird der Kolben für die Kartusche langsam eingeführt und zwar ohne Druck auf die Kolbenstange. Wir drücken jetzt nur über die Gewindebuchse mit den Stirnlöchern und schrauben bei Erreichen des Gewindes dieses erst mal handfest.

Bild

Mithilfe des Stirnlochschlüssels ziehen wir die Verbindung nun fest.

Bevor der Dämpfer wieder mit der Feder kombiniert und eingesetzt wird, muss ein kleiner Test erfolgen, der uns die Funktionsfähigkeit zeigt.

Dabei gelten folgende Regeln:

Zu viel Öl eingefüllt: Der Dämpfer "blockiert" zu früh, man kann ihn nicht bis zum Gummi einschieben
Zu wenig Öl eingefüllt: Das Einschieben "ruckelt" und es sind knackgeräusche durch entstehende Blasen zu hören
Ölmenge stimmt: Der Dämpfer lässt sich ohne Knacken mit einem leichten Zischen ganz ein und wieder ausfahren und hat keine "Blockaden"

In diesem Fall stimmt alles und der Dämpfer dämpft wie neu! :rockout:

Bezüglich der im Link zitierten maximalen Einschieblänge der Stange: Wenn man den Gummiblock zur Hälfte berechnet, ist man gut bedient, denn dieser lässt sich auch im Schraubstock nicht sehr viel weiter Stauchen. Mit solchen Kräften, die den Gummi bis zum Sprengen des Schraubstocks stauchen, ist im Anwendungsfall jedoch nicht zu rechnen.

Ich hoffe die paar Bilder haben die Vorgehensweise ein wenig näher gelegt und ermutigen euch, die Sache anzugehen, auch wenn Koni die Dämpfer nicht mehr instandsetzt.

Liebe Grüße,

Oette

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Re: Überholung von Koni-Federbeinen (7610P-1302 "Special D")

Beitrag von Oette »

Hinzuzufügen ist noch:

Wenn die Dämpferinnereien grobe Abnutzungsspuren aufweisen oder metallische Partikel mit aus dem Dämpfer kommen, sollte man lieber darüber nachdenken, sich neue zuzulegen.
Gleiches gilt für Kunststoffteile. Wenn ihr euch nicht sicher seid, greift lieber auch ins Einkaufsregal statt die Dämpfer zu überholen.

Die hiesigen Dämpfer waren jedoch technisch i.O., lediglich die Dichtungen sind hinüber gewesen.

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