Sicher gibt es ganz unterschiedliche Beweggründe, warum man ein Schloss nicht einfach ausbohrt. Sei es, weil das Motorrad gleich mehrere Schlösser hat, es keinen Ersatz gibt, oder man schlicht und ergreifend nicht der allgegenwärtigen "schmeiß weg kauf neu" Mentalität folgen möchte.
Bei mir trifft jedes dieser Argumente zu. Angefangen hat es bei meiner 80er. Die hatte ich ohne Schlüssel bekommen und sie hatte gleich drei Schlösser: Sitzbank, Lenkschloss und Zündschloss. Alle für den gleichen Schlüssel und zumindest im Falle des Zündschlosses nicht so günstig zu ersetzen. Der Schlüsselrohling für die oft verbauten Neimann-Schlösser kostet im Baumarkt 2,50€.
Damit ist es dann relativ einfach, einen passenden Schlüssel anzufertigen, wenn man zuvor das Schloss ausgebaut und zerlegt hat.
Schwieriger war es bei meiner Eiertank Kreidler von '59, weil es dafür noch nicht mal mehr Schlüsselrohlinge gibt. Zum Glück konnte ich einen gebrauchten, aber nicht passenden Schlüssel ergattern und bin in diesem Fall den umgekehrten Weg gegangen und habe das Schloss dem Schlüssel angepasst. Aber alles der Reihe nach!
Zuerst habe ich die Sicherungsschraube entfernt. Bei Neimann ist es meinst ein Niet, oder Kerbnagel, der das Schloss stirnseitig sichert:
Danach das Schlossknackerwerkzeug improvisiert. Ein altes Sägeblatt und eine Speiche genügen:
So in der Art sieht das dann angesetzt aus. Auf dem Bild ist das Schloss schon draußen, aber den Rahmen kann man sich ja denken

Mit der Speiche wird das Schloss leicht vorgespannt und mit dem Sägeblatt die einzelnen Stifte, bzw. Zylinder vorsichtig nach unten gedrückt, bis sie leicht einrasten. Nach ca. einer viertel Stunde war das selbst für mich ungeübten "Lock Picker" erledigt und das Schloss ließ sich entsperren und herausziehen:
Dieses Exemplar von Flora war durch einen Sicherungsstift verbunden:
Nach dessen Entfernen konnte das Schloss zerlegt werden:
Im Regelfall würde man sich nun einen Schlüsselrohling besorgen und so zurecht feilen, dass die Zylinder plan mit der Walze abschließen und die Sache wäre erledigt, aber hier musste ich einen anderen Weg gehen.
Da ich einen alten Schlüssel nutzen wollte, habe ich also passende Zylinder aus Messing gedreht, 2mm im Durchmesser und zwischen 2,5 und 3,5mm lang, mit kegeligem Ende:
Noch passen sie nicht zum Schlüssel und stehen über. Deshalb wurden sie noch auf Länge gedreht:
Passt!
Die alten Federn waren verrostet und gebrochen und ich habe mir Ersatz besorgt, mit 1,4mm Durchmesser aus 0,2mm Draht

Bei der Montage sind mir natürlich zwei der zu sehenden Hülsen davongeflogen und waren nicht mehr aufzufinden. Also habe ich zwei neue gefertigt, Durchmesser 2mm, Länge 2,5mm, 1,5mm tief aufgebohrt auf 1,6mm:
Das war natürlich das worst case Szenario und bei den anderen Schlössern deutlich einfacher. Zu allem Überfluss erwiesen sich die Federn auch als zu lange und ich musste alles noch mal auseinandernehmen, als ich es endlich zusammen hatte... Also Federn halbiert und noch mal zusammen. Das ging dann auch wesentlich leichter. Jetzt braucht es nur noch einen neuen Bolzen und kann dann wieder verbaut werden:
Das mit dem "Picken" des Schlosses ist übrigens gar nicht so schwer, probiert es mal aus (bitte am eigenen Fahrzeug

Es muss ja nicht immer mit Gewalt sein...
Gruß,
Andreas