regelmäßige Leser des wer fährt denn noch Threads werden sie schon kennen: meine Beemer mit Seitenwagen. Nachdem mal wieder eine optische Überarbeitung ansteht werde ich das hier dokumentieren und vorher noch den Werdegang kurz skizzieren. Ausführlich ist das im 2V Forum nach zu lesen https://forum.2-ventiler.de/vbboard/sho ... st-machen)
Ende der 80er war ich als Enduro Fahrer von den schweren Militärgespannen BMW R75 und KS750 mit Beiwagenantrieb fasziniert – mit den bulligen 16'' Reifen konnte man sich mutmaßlich überall durchbaggern. Leider waren fahrbereite Exemplare schon damals unbezahlbar, jedenfalls für einen Student mit knappem Budget. Da kam die geopolitische Situation zu Hilfe – nach dem Fall des Eisernen Vorhangens kamen tausende Spätheimkehrer nach Deutschland, zum großen Teil in erbärmlichen Zustand. Aber bezahlbar. Bei einer günstigen KS750 Teilesammlung konnte ich dann nicht wiederstehen und die Wahl der Marke war kein Zufall. Der Zündapp Motor galt als durchzugsstärker und das Getriebe (mit gerade verzahnten Rädern) als viel haltbarer, Gabel und Rahmen als stabiler – bei der Ausschreibung fiel die R75 damals folgerichtig durch und BMW wurde nahegelegt, die KS750 in Lizenz zu bauen

Aber zurück zu meiner Teilesammlung - erst viel später stellte sich heraus, dass es sich um größtenteils unbrauchbare Teile der verschiedensten Baujahre handelte. Der Rahmen z.b. sah auf den ersten Blick gut aus, doch war er schon mal gesandstrahlt und neu lackiert worden. Doch hatte leider niemand den Strahlstaub im Inneren entfernt, dieser zog Feuchtigkeit und der Rahmen rostete von innen durch. Und ich da keine HAG/Getriebe/Motoren machen kann hätte mich das Unsummen (die ich für mein Hobby nicht habe) gekostet ohne Gewähr, dass das Ding jemals zuverlässig gelaufen wäre. Einem nachgefertigen Tellerrad des Kardans sieht niemand an, ob es richtig gehärtet ist - das merkt man erst, wenn ein paar abgebrochene Zähne das Kardangehäuse sprengen. Noch schlimmeres kann mit einer Nachbau Kurbelwelle passieren - da sind Fälle bekannt, bei denen sich die KW verdrehte und den (unersetzbaren) Motorblock zerriss. Sogar ein absolutes Sakrileg, der Einbau eines BMW Motors, war angedacht, um die KS wieder zum Laufen zu bringen.
Das alles führte zu nichts, die Kapitaldecke war schlicht zu dünn. Um wenigstens Gespannfahren fahren zu können habe ich mich 1997 zum Kauf einer R80R entschlossen – die bekam man damals hinterhergeworfen. Schaut man sich die Farbe an weiß man warum. Um die unerträgliche Farbe loszuwerden bekam die R80 ein Mystic Heck – auch das wollte damals niemand haben, weil nicht tourentauglich genug. Heute würden (wenn überhaupt mal eins angeboten wird) Mondpreise verlangt werden. Zusammen mit einem schwarzen Tank und einen Guzzi Cali Schutzblech schon viel besser.

An die R80 wurde dann der Seitenwagen aus meiner KS750 Teilesammlung angebaut – der, wie sich herausstellte, kein Zündapp BW43 war sondern ein baugleicher BW286/1 BJ42 von BMW. Daher hat wenigstens das gepasst. Die Paralever R80 wurde übrigens nicht nur wegen des günstigen Preises gekauft, sondern auch wegen des längeren Radstandes und der Speichenräder (besser für den Gespannbetrieb geeignet) und weil es von Troika Gespann Gabelbrücken gab, die den Nachlauf reduzierten. Mit 35cm Vorlauf, 130cm Spurweite und ca 50mm Nachlauf kam selbst ich als Anfänger mit dem Fahrverhalten schnell zurecht, nicht zuletzt weil der bleischwere Seitenwagen trotz seiner Hochbeinigkeit kaum zum Beinchenhoch neigt. Da der BMW Seitenwagen schon eine hydraulische Trommelbremse hat wurde diese mit der Einzelscheibe der BMW gekoppelt. Es hat einige Versuche gebraucht, einen dazu passenden Handbremszylinder zu finden. Mit dem originalen Zylinder (13mm) war der Druckpunkt viel zu weich, mit dem Handbremszylinder (15mm) für die Doppelscheibe zu hart - hab dann schließlich einen 14mm Brembozylinder von einer Ducati gefunden der von der Handkraft her perfekt passt.
So hatte ich 10 Jahre und knapp 19.000km viel Spass mit meiner R80R, auch und gerade im Ganzjahresbetrieb. Was aber einen nicht enden wollenden Kampf gegen den Gammel bedeutet.
Aber die Welt dreht sich weiter, und was gestern noch undenkbar schien ist heute Mainstream: auf einmal wurden bei 2V Kühen Hecks gekürzt und verschlankt - und mir gefiel das pummelige Heck nicht mehr. In Retrospekt hat das im Kawastil der siebziger gehaltene Heck eigentlich nie so recht zu dem fünfziger Jahre Stil des Vorderbaus gepasst. Auch der Tank war viel zu dick für meinen Geschmack - weshalb sie damals den Namen "Dicke Bertha" bekam.
2016 hat mich die mangelnde Korrosionsfestigkeit gezwungen, eine Generalüberholung anzugehen. Bei der Gelegenheit wurde auch der dicke Tank entsorgt - nach einiger Zeit fand ich einen Tank von einer GS550L, der durch seine Tropfenform meinen Vorstellungen sehr nahekommt und perfekt auf den BMW Rahmen ohne Dengelei passt. Was nicht selbstverständlich ist, durch die umfangreiche Elektronik am Rahmenoberrohr muss der Tanktunnel sehr breit sein.
Fort. folgt