MichaelZ750Twin hat geschrieben: ...ich verwende in einem Motor seit über 20 Jahren den gleichen Satz Edelstahl-Inbusschrauben um die Motordeckel zu verschrauben. Keine Spur von Korrosion oder festsitzenden Schrauben.
So kenne ich das auch.
MichaelZ750Twin hat geschrieben: ...somit besteht auch kein Grund diese Schrauben "wie wild" festzuziehen ;-)
Da hast Du vollkommen Recht, Michael, aber die Erfahrung zeigt auch, das ALLE von Hand angezogen Schrauben wesentlich fester angezogen werden als mit dem dafür erforderlichen Drehmoment.
Und dieser Effekt wird bei gefetteten Schrauben noch erheblich verstärkt, egal, ob man mit nem Schlüssel oder einer kleinen Ratsche arbeitet. ...Glaub´s mir einfach, es ist so!
... Ich habe gerade einen 2tägigen Lehrgang für Flanschverbindungen nach EN 1591-4 hinter mir. Dabei geht es um die Verschraubung von Flanschen u.a. in der chemischen Industrie oder im Ex-Bereich. Ich will damit nicht prahlen, aber als gelernter Flugzeugmechaniker weiß ich, wovon ich rede.
Maßgebend für eine Schraubverbindung ist nicht das Drehmoment, sondern die Vorspannkraft, mit der eine Schraube zwei Teile miteinander verbindet.
Nur mal ein Beispiel:
Soll eine gefettete M16er Schraube eine Vorspannkraft von 62.000 N erreichen, muss sie mit 100 Nm angezogen werden.
Zieht man dagegen eine rostige Schraube mit 100 Nm an, erreicht man nur noch eine Vorspannkraft von ca. 11.000 N.
Eine ungeschmierte (verzinkte) Schraube bringts dagegen schon auf etwa 25.000 N.
...Das bedeutet, dass wir auf das Gewinde im Gehäuse, in das wir eine gefettete Schraube mit gleichem Drehmoment anziehen, eine um etwa 2,5fach größere Zugkraft ausüben.
Niemand von uns wird in der Lage sein, eine
gefettete Schraube von Hand und ohne Drehmomentschlüssel so in ein Motorgehäuse einzuschrauben, dass er die maximal zulässige, dem im Handbuch angegebenen Drehmoment für ungefette neue Schrauben entsprechende, Vorspannkraftkraft nicht überschreitet.
Ich will hier keinesfalls dozieren oder den Oberlehrer spielen, ich will Euch nur dafür etwas sensibilisieren, um das, was Ihr tut, etwas besser einschätzen zu können.
...Was mich auch selbst überrascht hat, war der Versuch, einen Drehmomentschlüssel richtig auslösen und danach "los zu lassen".
Das bedeutet:
Ein ausgelöster Drehmomentschlüssel arbeitet danach wie ein normaler Schlüssel mit Verlängerung. Soll heißen:
Der Drehmomentschlüssel war auf 100 Nm eingestellt und hat bei 100 +/- Toleranz ausgelöst (ca. 2%).
Der tatsächliche Anzugswert aber lag bei +10 bis +30% und teilweise weit darüber.
Das heißt: Die meisten von uns, die an dem Lehrgang teilgenommen haben, haben den Drehmomentschlüssel nicht sofort nach dem Auslösen los gelassen, sondern unbewußt und ohne es zu merken noch etwas weiter gezogen.
Erst nach einiger Übung gelang es dem einen oder anderen von uns, den Dremomentschlüssel so auszulösen, dass wir unter +5% kamen. Meisten aber lagen auch die "guten" noch bei >10%.
Für ungeübte User, die dann noch ihre Schrauben fetten und übertragen auf M6er oder M8er Gewinde, hat das nicht unerhebliche Folgen. Soll heißen: Selbst wenn eine gefettete M6er oder M8er Schraube mit nem Drehmomentschlüssel angezogen wird, liegt das tatsächliche Anzugsmoment ganz schnell mal um 50% oder mehr über dem, was eingestellt ist.
...Nur mal so zum Nachdenken.
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