Oh, das freut mich, wenn sich doch ein Paar für den alten Käs interessieren
Deshalb, und weil ich grad krank zuhause rumsitze, gibts hier vorzeitig den nächsten Teil von der ollen Gschicht:
Die Renn- Historie von Demharter und seinem zweiten Fahrer Gerhard Watzka ist interessant, soll aber hier nicht ausführlich erläutert werden. Kurz zusammengefasst: 1983 nahmen Sie sporadisch an der Langstrecken- WM teil. Wichtiger aber war Ihr Engagement in der neuen Superbike- DM von 1983 bis Ende 86, in der Sie mit der Sei die Rolle der „Super- Exoten“ belegten. Nicht ganz vorne dabei, tummelten Sie sich mit Ihr immerhin im vorderen Mittelfeld mit einigen guten Platzierungen. Angesichts sehr hockkarätiger Mitspieler bestimmt kein schlechtes Ergebnis. Von den Zentralrohr- Rennern gab es 1983 nur eine, die sich Watzka und Manne teilten, ab 84 dann zwei, die jedes Jahr umgebaut und modifiziert wurden.
Die verschiedentlich beschriebenen Renn- Versionen der Sport Sei gehören in den Bereich der Mythen und Legenden. Von Demharter gab es nie eine Rennmaschine, deren Fahrwerk auf dem Original- Fahrgestell der Sei basierte. Seine beiden Renner hatten mit einer Serien Sei, das Motorgehäuse ausgenommen, so gut wie nichts zu tun.
Der Rahmen der Renn- Sei, mit der sich unter anderem Joe Dunlop 1979 vergeblich auf der TT bemühte, basierte zwar auf der Serie, hatte aber keine Verbindung mit Demharters Rennaktivitäten.
Zurück zur Sport: Für Demharter war spätestens ab 1984 klar, dass von Benelli, was die Sei betrifft, nichts großartig Neues mehr zu erwarten ist. Auch um seine Renn- Aktivitäten etwas zu promoten, schwebte Ihm eine edle Sport- Version vor und so musste Er selbst aktiv werden.
Eine Kooperation zwischen Demharter und Schmid gab es bereits, denn Demharter hatte als Sport- Zubehör den Umbau auf Christians Schwinge und Mono- Federbein bereits in seinem Portfolio. Diese Umbauten wurden in Christians Werkstatt durchgeführt. Auch die damals so modernen PVMs hatte Er, ebenso wie Ölkühler, 6-1 und Moroso- Verkleidung, neben vielen anderen feinen Sachen bereits im Zubehör- Programm.
Aus diesen Elementen sollte sich doch ein schönes Sondermodell zusammenstellen lassen. Die Sport Sei, anfangs noch als „Spezial- Sei“ angeboten, erschien dann ab Ende 1984 ganz offiziell in der Vertriebsliste des deutschen Importeurs.
Besonderheiten gegenüber der Standard- Sei waren folgende:
• Cantileverschwinge mit De Carbon Federbein und geändertem Serien- Rahmen. Der Schwingenumbau bedingte das Entfernen der originalen Luftfiltereinheit, stattdessen wurden meist offene Malossi- Trichter mit Flammsieb verwendet, seltener Einzel- K+N Filter. Die originale 28AH Batterie musste aus Platzgründen einer 14AH Einheit weichen. Verwendet wurde meist das brettharte De- Carbon Federbein, die letzten Sport bekamen jedoch ein speziell entwickeltes Federbein von White Power mit besseren Dämpfungseigenschaften.
• PVM- 3-Speichen Gussfelgen, vorne 3.00- 16, hinten 3.5-18 mit Bereifung vorne 120/80- 16 und hinten 150/70- 18
• Zusätzlicher Ölkühler unterm Lenkkopf
• Rahmenfeste Halb- Verkleidung von Moroso mit Rechteck- H4- Scheinwerfer.
• Marving 6-1 Abgasanlage
• O- Ring- Kette statt der unsinnigen Duplex- Sekundärkette
Das Gesamtgewicht sank durch den Umbau von ursprünglich 249kg auf 231kg.
Ausgeführt wurden alle Sport- Aufbauten in Christian Schmids Werkstatt im Auftrag von Manfred Demharter.
Die Verwandlung einer Serien- Sei zur Sport Sei verlief wie folgt: Ein Demharter- Transporter brachte, meist Montags, jeweils 2 fabrikneue, komplett serienmäßige Seis zu Christians Werkstatt in Gerhardshofen. Dieser entfernte alle nicht benötigten Teile, wie Halbschale, Lenker, Fußrasten, Räder, Auspuff, Kette und Kettenräder. Er bestückte das Motorrad mit den erforderlichen Schweißteilen wie Federbeinaufnahme, Verkleidungsaufnahme und Batterieträger, schweißte Sie aus und lackierte die Rahmenänderungen bei. Im Anschluss wurde die Maschine mit den mitgelieferten geänderten Teilen komplettiert. Die nicht mehr benötigten Neuteile wanderten alle in Kisten und gingen zwei Wochen später zusammen mit den neuen Sei Sport zurück zu Demharters Werkstatt in Dillingen. Die Einzel- Zulassung der Maschinen übernahm dann wieder Demharter.
Umgebaut wurden schwarze und rote Seis. Christian Schmid erinnert sich auch noch an eine Perlmutt- weiße Sport Sei. Nach seiner Erinnerung hat Er mindestens 20 solche Sport- Seis in seiner Werkstatt entstehen lassen.
Ende 1987 war dann Schluss mit der Sport- Herrlichkeit, Manne hat mir gesagt, dass der Grund dafür in erster Linie TÜV- Probleme waren. Die offenen Malossis in Verbindung mit der Marving bereiteten den strengen Herrn in den grauen Kitteln immer mehr Kopfzerbrechen, oder sollte ich besser Ohrenschmerzen sagen?
Jede Sport wurde erst nach Auftragseingang individuell produziert. Der Kunde hatte bei der Bestellung alle möglichen Variationsmöglichkeiten. So gab es Sport Seis mit der serienmäßigen lenkerfesten Halbschale statt der Moroso, es gab Sport mit Doppelscheinwerfer- Moroso oder auch Sport Seis mit original- Rädern sowie mit Felgen von Campagnolo oder EPM. Es gab sogar zwei Sport- Seis mit einer herkömmlichen Schwinge mit zwei Stoßdämpfern, die Schwinge war aber auch hier eine Kreation von C. Schmid aus Aluminium.
All diese Varianten + die Umbauten, die von Christian an gebrauchten Seis für seine Kunden gemacht wurden, macht es nicht einfach, heute eine „echte“ Sei Sport zu identifizieren.
Wie viele davon bis heute überlebt haben?
Ich habe mal eine Excel- Liste angefangen und darin alle mir bekannten Seis mit „Schmid- Cantilever- Umbau“ eingetragen. Bei nur zweien bin ich mir sehr sicher, dass es sich um eine echte Sport handelt, das ist Mazzes Sei und die, die hier bei den Verkäufen angeboten wird. Bei allen anderen ist eine mehr oder weniger große Unsicherheit dabei, ob das ein „Schmid- Umbau“ oder eine „Sport“ ist. Relative Sicherheit gibt da vermutlich nur der Blick in den Original- Brief, soweit der noch vorhanden ist.
Letztendlich ist das aber spitzfindig und auch unwesentlich. Interessant nur in Hinblick auf den Wert des Fahrzeuges und für die Originalitätsfanatiker.
Sei Umbau 1989 von Max.jpg
Ein besonders schöner Sei- Umbau von C. Schmid, aufgenommen 1988 bei seinem Treffen