Tach Harald.
Erstmal: Sehr schönes Motorrad, die Four und schön, wie du deine Auseinandersetzung damit hier detailliert dokumentierst.
Zum Thema "Neue vs. alte Motorrad-Welt" kann ich zu 100% nachvollziehen, was in dir vorgeht - mir geht es nämlich genau so. Meine modernen Motorräder sind zwar auch schon fast Youngtimer (TRX + 998), aber eben komplett ausgereifte Fahrmaschinen. Fette, in jeder Lebenslage perfekt klebende Reifen, bocksteife und doch sensible Fahrwerke, brutale Einfingerbremsen und Leistung im Überfluss. Mit dem Kauf der Norton vor anderthalb Jahren bin ich in eine andere Welt abgetaucht. Leistung? Reicht, aber überschaubar - für die Freisetzung wird allerdings sympathischerweise ein Mordskrawall gemacht. Bremsen? Na ja, vorhanden. Fahrwerk? Auch da und funktioniert, wer aber mal mit einer 998 bei 160 in voller Schräglage über einen Kanaldeckel oder eine Bodenwelle gekachelt ist, bekommt einen Herzinfarkt, wenn er das Gleiche mit einer Commando bei 100 km/h macht. Der Gegenwert für's Herz, wenn man so einen alten Eimer laufen lässt, ist allerdings unbezahlbar - vor allem, wenn man sich darauf einlässt und seinen Fahrstil den Gegebenheiten des Gefährts anpasst. Seit ich verstanden habe, dass man so ein Ding nicht auf der letzten Rille vor der Ecke zusammenbremst und früh im Scheitel wieder vollaufzieht, sondern dass man weich und rund fährt, Schwung mit in die Kurve nimmt und digitale Aktionen vermeidet, ist das Fahren damit ein Hochgenuss - bin selbst manchmal erschrocken, wie fix das mit so einem alten Eimer geht.
Und dann steigt man ab, hockt sich vor das Ding, das nicht nach Plastik und Strom, sondern nach Metall und Öl riecht, freut sich an Chrom, Alu und Guss, ist glücklich und weiß, dass jede Stunde, die in Fehlersuche, Reparatur und Instandhaltung investiert wurde und wird, gut angelegt ist. Und wenn du dich mal über irgendeine japanische Weichblei-Kreuzschlitzschraube ärgern solltest: Sei froh, dass du dich werkzeugtechnisch in der metrischen Welt aufhältst...es könnte schlimmer sein.
In diesem Sinne: Weitermachen und Spaß haben!
Gruß,
Markus