MichaelZ750Twin hat geschrieben:Ist das wirklich so ernst ?
Ventilabrisse sind bei diesen Motoren unbekannt.
Wie man's nimmt. Fast alle Teile am Motor können beginnende Schäden aufweisen
die später zum Versagen führen. Möglicherweise reißt deine Kurbelwelle am Über-
gang Zapfen:Hubwange an und fliegt dir demnächst um die Ohren. Deshalb wirst
du sie aber nicht einfach auf Verdacht wechseln sondern mit einem gewissen Risi-
ko leben. Bei den Ventilen ist die Sache aber ein bißchen anders, speziell die Auslaß-
ventile sind extrem beanspruchte Bauteile die im Gegensatz zur Kurbelwelle nicht
viel kosten, also die können ruhig mal neu.
Aber nochmal zurück zur Konstruktion deines Motors allgemein: ich finde du siehst
ihn ein bißchen zu pessimistisch. Ich fahr ja jetzt schon reichlich lange Klassik-Rennen
und hab da auch ein offenes Auge für Mopeds in anderen Klassen als meine (500er), z.B.
die 750er. Da sind hauptsächlich Guzzis, BMWs und Triumphs unterwegs. Wenn du deine
Kawasaki mit diesen Motoren vergleichst wirst du sie vielleicht in etwas anderem Licht sehen,
die ist nämlich abgesehen vom Gewicht her eine ziemlich renntaugliche Maschine: Triumph und
BMW haben Kurbelwellen ohne Mittellager (was ungünsatig ist im Hinblick auf hohe Dreh-
zahlen), alle müssen mit untenliegenden Nockenwellen und Stößelstangen klarkommen (die
insbesondere bei BMW furchtbar lang sind und noch dazu über sehr schwere Stößel betätigt
werden), die Triumph hat keine durchgehenden Stehbolzen und ist deutlich langhubig ausge-
führt, vom Ventilwinkel mal ganz zu schweigen undundund ... also verglichen mit diesen Motoren
steht deiner sehr gut da. Und deswegen scheint mir deine Vorsicht bezüglich Drehzahl und
Leistungssteigerung etwas übertrieben, da haben andere Karren schon ganz anderes ausgehalten.
Als Beispiel mal die von dir öfter erwähnte "grenzwertige" Kolbengeschwindigkeit von 20m/s -
das ist ein Richtwert der zwei wichtige Kenngrößen am Motor in einer Zahl zusammenfasst und
muß vor dem Hintergrund von angestrebten Lebensdauern im 6stelligen km Bereich gesehen
werden. Es ist absolut kein Problem diesen Wert mal zu überschreiten, bei meiner Yamaha komm
ich im Rennstreckenbetrieb auf gut 25m/s und es gibt absolut keine Probleme mit den Kolben
(Wössner, Mahle, cp, JE, Arias, ...).
Auch was die Steuerung angeht: klar kann man mit "shim under" Bauweise deutlich Gewicht ein-
sparen (mit 7er Schäften nicht so wahnsinnig viel wenn der Teller unverändert bleibt), aber wenn
du deine Konstruktion mit den oben genannten Konstruktionen vergleichst siehst du daß du einen
sehr leichten Ventiltrieb hast mit noch dazu hoher Eigenfrequenz, also gute Voraussetzungen für
hohe Drehzahlen und/oder hohe Ventilbeschleunigungen.
So, jetzt mal ein bißchen konkreter: ich kenn den Kawa Motor nicht, aber aufgrund der Fotos kann
man zumindest folgendes feststellen (alles in Relation zu anderen Motoren):
1. der Ventilwinkel ist für einen 2Ventiler nicht übermäßig groß
2. die Venttilsitze sind maximal weit an die Brennraumwand positioniert
3. der Spalt zwischen den Sitzen im Brennraum ist reichlich breit
4. die Sitzringe sind verhältnismäßig dickwandig
Zusammengenommen sind das alles Merkmale die für eine Verwendung dieses Kopfes mit größerer
Bohrung sprechen, 2. - 4. sind günstige Voraussetzungen für größere Ventilteller, in gewissen Gren-
zen (ca. +2mm, aber da will ich mich nur anhand der Fotos nicht festlegen) mit den vorhandenen
Sitzringen. Wenn du sehr ambitioniert bist ließen sich über größere Sitzringe auch noch größere
Tellerdurchmesser realisieren, wobei sich natürlich die Frage stellt ob das mit den Vorhandenen
Kanälen noch sinnvoll ist (auch die kann man ändern). Problematisch wird allenfalls irgendwann die
Lage der Zündkerze, man hat diie natürlich gern möglichst zentral, aber da drohen irgendwann Steg-
risse zum Ventilsitzring.
Bevor du da aber was machst solltest du unbedingt wie von Ricardo schon erwähnt die Nockenwellen-
problematik lösen: der Ventilhub einlaßseitig ist ja wirklich ein Witz (erklärt aber auch schlüssig
die sehr zahme Leistungsentfaltung deines Motors). Die Idee einlaßseitig ebenfalls eine Auslaßnocken-
welle zu verwenden klingt erstmal sehr gut (so sie geometrisch reinpasst, also in Bezug auf Lagersitze,
Grundkreis usw.) Viele Motoren haben ein- und auslaßseitig dieselben Ventilerhebungskurven, so daß man
nicht pauschal sagen kann die vom Auslaß sei am Einlaß nicht zu gebrauchen, du hast also gute Chancen
daß das bei deinem Motor funktioniert. Zumindest die Öffnungsdauer solltest du aber überprüfen, und
unbedingt geklärt gehört in diesem Zusammenhang die Blocklänge der Ventilfedern, aber das ist dir
sicher klar. Da die Ventile wie du geschrieben hast ziemlich genau gleich schwer sind sollte es die Aus-
laßventilfeder dann auch am Einlaß tun, wahrscheinlich sind die sowieso identisch.
Mehr geht natürlich mit noch schärferen Nockenwellen von Megacycle, im Katalog werden da zwei Sätze
erwähnt, 475-20 und 475-40. Die 475-20 hat ebenfalls eine zahme Einlaßnocke (in .406"/238°), die andere
hat die erwähnten 11,81 Hub bei 270° Steuerzeiten, also schon recht sportlich. Ist vielleicht was für später.
(Anmerkung: es gibt natürlich Grenzwerte für den Ventilhub ab denen eine weitere Vergrößerung kein Mehr
an Durchfluß mehr bringt, aber das bedeutet nicht daß dieser Grenzwert auch der sinnvolle maximale Ventil-
hub ist: im Betrieb ist das Ventil ja immer weniger weit geöffnet, insbesondere am Kurbelwinkel mit maximaler
Kolbengeschwindigkeit. Sprich man wählt für maximalen Füllungen schon Nockenwellen die weiter öffnen als
stationär nötig, einfach um möglichst früh und lange den maximalen Öffnungsquerschnitt freizugeben)
Um die Belastungen durch die höhere Ventilbeeschleunigung wieder etwas zu verringern bleibt dir nur Ge-
wichtsersparnis an allem was sich da bewegt. Die alten japanischen Ventile lassen sich erfahrungsgemäß
am Teller noch ordentlich erleichtern (ich hab bei meiner Yamaha die Serien Einlaßventile von 100g auf
rund 80g erleichtert, was keine Probleme verursacht hat. Am Auslaß wär ich da vorsichtiger, aber da war
bei der SR/XT auch weniger Bedarf...). Dünnere Schäfte würden natürlich auch was bringen, zumal die
8mm bei der Kawa aus heutiger Sicht stark überdimensioniert sind, speziell mit den Tassenstößeln, die
praktisch alle Seitenkräfte vom Schaft fernhalten wären da 7mm immer noch solide. Bringt aber gewichts-
mäßig weniger als man vielleicht denkt (in deinem Fall so im Bereich von 8 - 10g). Als nächstes die Stößel
selbst, da würde ich dir von den von ricardo vorgeschlagenen Lösungen (ausfräsen, Alustößel) abraten und
eher nach "shim under" Stößeln suchen (z.B. bei
Kibblewhite. Es gibt Ausführungen bei denen die Shims nicht wie normalerweise üblich vom
Federteller, sondern im Stößel selber gehalten werden ("shim in tappet"). Ebenfalls sparen kannst du an den
Federtellern (Titan oder Alu), da sind aber meiner Meinung nach viele amerikanischen Teile nicht empfehlens-
wert weil sie durch den steilen Kegelwinkel nicht vernünftig klemmen. Schrick bietet Titanfederteller an mit
10° und 14,25° Keilwinkel, die sind besser. Schließlich bleiben die Federn selbst, auch da gibt es mittlerweile
leichtere Ausführungen als Mitte der 70er in Japan verwendet wurden.
Jetzt merk ich daß das ganze doch ziemlich ausufert obwohl noch so viel zu erwähnen wäre, deshalb nur noch ganz
kurz: Nimonic-Ventile brauchst du nicht, hartverchromte Schäfte laufen meiner Erfahrung nach auch in Guß-
führungen gut, fixer Zündzeitpunkt ist im Fahrbetrieb überhaupt kein Problem, wohl aber in Punkto Leerlauf/
Anspringen, gebaute Nockenwellen scheiden für dich wahrscheinlich erstmal aus und Doppelzündung hat zwar
theoretisch einige Vorteile, bringt aber hinsichtlich Leistung nicht soviel wie man meinen könnte (ich fahr in
der Yamaha wie fast alle anderen nur eine Kerze bei Bohrung d88).
So much 4 2day!
Gruß
Sven