Vor einiger Zeit - es waren gerade Sommerferien - beobachtete ich, wie ein Junge aus unserem Dorf immer wieder mit seinem Fahrrad auf der Strasse stand und von dort aus in meine Werkstatt schaute.
Irgendwann sprach ich ihn einfach an und sagte, dass er ruhig näher kommen darf.
Er schien sehr zurückhaltend zu sein und traute sich zunächst erstmal nur auf den Hof.
Ich ermunterte ihn, doch rein zu kommen, was er dann auch tat. Wir unterhielten uns dann ein bischen, ich fragte ihn nach seinem Namen und wo er wohnt.
Er heißt Leonhard, ist zwölf Jahre alt, geht auf´s Gymnasium und hat mir erzählt, dass er am liebsten seinem Opa, der noch Landwirtschaft hat, aber weiter weg in der Schwalm wohnt, zuschaut, wenn der in der Werkstatt ist.
Leonhard wurde langsam "warm" und fragte mir ein Loch in den Bauch. Er wollte ganz genau wissen,
was ich mache und warum ich es mache.
Seit diesem Tag besucht er mich regelmäßig.
Wann immer ich in der Werkstatt bin, dauert es keine Viertelstunde und Leonhard ist da.
Gestern Abend kam er und fragte: "Na, was hast Du heute schon alles gemacht?"
Ich erzählte ihm, dass ich mir gerade ein Werkzeug baue, mit dem ich Drahtschellen wickeln und spannen kann und das heute Nachmittag jemand da war, der mir seinen Motor gebracht hat.
"Was muss denn an dem Motor gemacht werden?" war seine Frage.
Ich erkärte es ihm kurz und war während dessen damit beschäftigt, die Fräsmaschine für den folgenden Arbeitsgang einzurichten. Dabei schaute er mir interessiert zu und stellte wie gewohnt alle möglichen Fragen.
Ich begann zu fräsen, er schaute zu und wir unterhielten uns dabei.
Ich fragte ihn, ob es ihm nicht langweilig sei, da ich ja nur an der Fräse stand und am Handrad kurbelte.
"Och nö, dass geht schon!"
Ich fragte: "Hast Du Lust, etwas zu schrauben?"
"Na klar, was soll ich denn machen?"
"Wenn Du Lust hast, kannst Du schon mal anfangen und den Motor auf machen!"
Er ganz cool "Ja, kann ich machen!"
...Das Strahlen, das er in diesem Moment im Gesicht hatte, ist nicht mit allem Geld dieser Welt zu bezahlen!!
...Ich legte ihm das Werkzeug bereit und erklärte ihm, wie er anfangen soll. Er begann zu schrauben und ich wandte mich wieder der Fräsmaschine zu.
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Was soll ich Euch dazu sagen? Es war einfach nur geil!
Ich sagte ihm, er solle die Schrauben alle schön in eine Schale legen und stellte ihm eine Kiste hin, wo er die größeren Teile hinein legen konnte.
Als er den Zündungsdeckel abnehmen wollte, lief etwas Öl raus. Und jetzt kommt´s: Er drückte den Deckel sofort wieder drauf und sagte "Kannst Du mal gucken!"
Ich stellte ihm eine kleine Schale drunter und sagte "Jetzt kannst Du ihn abnehmen."
Vorsichtig(!) nahm er den Deckel wieder ab und fragte: "Soll ich den auch in die Kiste legen?"
"Klar, Du musst Dir halt nur merken, was wohin kommt, damit Du´s auch später wieder zusammen bekommst! Am besten nimmst Du für alles eine extra Schale und legst die Schrauben mit dazu."
Es schlug 20:00 Uhr. Normalerweise ist das seine Zeit, wo er nach Hause geht. Ich fragte ihn "musst Du nicht nach Hause?"
"Och, ich hab noch etwas Zeit!"
Gegen halb neun dann "So, jetzt muss ich aber!"
Ich sagte "Okay, ich lass das dann so stehen und wenn Du wieder kommst, kannst Du weiter machen..."
Ich glaube, als er an diesem Abend mit seinem Fahrrad nach Hause gefahren ist, war er der stolzeste und glücklichste Junge im ganzen Dorf!
...Ich aber irgendwie auch!
