Re: Real Cafe Racer
Verfasst: 26. Jan 2013
Wenn nicht hier, wo dann sollte Licht in die Kernfrage "Wot? Cafe Racer!" gebracht werden.
Die kurze Antwort ist wohl schlicht, bei einer tauglichen Ausgangsbasis (darunter fällt dann reichlich Material) "Stummel & Teile weg-optimieren".
Die lange Antwort bezieht Aspekte wie "soziologisches Umfeld, Zeitgeist, Sport, Jugend-Bewegungen, Musik", etc. ein.
Daraus könnte man eine Doktorarbeit machen. Wer Lust dazu hat, nicht von Guttenberg und Schavan abschrecken lassen, wäre sicherlich nicht uninteressant.
An den Antworten ist abzulesen, dass verschiedene Facetten für die Forumisten eine Rolle spielen. DIe Frage - was ist eine echter Cafe Racer - wird schon ausschöpfend beantwortet. So richtig "echt" ist ein Cafe Racer, wenn Basis und Umbauteile aus den "halcyon days", den "heydays" der "50s & 60s" stammen. Dies vorzugsweise noch aus UK.
Dann gibt es die Abteilung, die für die meisten hier und auch ausserhalb des Forums den Schwerpunkt für ihr cafeistisches Tun bilden: Geeignetes Maschinenmaterial mit den heute erhältlichen Teilen umbauen.
Genau dieser Punkt bildet imho auch die Grundlage für die "echten" Cafe Racer. Insofern entspricht dem "wahren Geist" eines Cafe Racers auch ein zB W650 oder T800 Umbau in 2013.
Der Cafe Racer als solches ist letztendlich auch nicht mehr - oder weniger - als ein bestimmter Typ eines Motorradumbaus. Generell als "Customising" (nicht mit US "z" sonder engl. "s" !!) bekannt, werden unter diesem Begriff reichlich Nischen wie zB Chopper, Cruiser, Bobber, Flat Tracker, Muscle, Street -bike, etc. zusammengefasst.
Ob dies eigenhändisch oder vom Profi für Geld umgesetzt wurde, spielt bei dieser Betrachtung auch erst mal keine Rolle. Wobei "selber gemachtes" natürlich immer einen besondern Kick gibt.
Schauen wir uns den Geburtsort der Cafe Racer an, das Ace Cafe. Der Laden machte 1938 auf, 1969 zu, 1997 teilweise und 2001 vollständig wiedereröffnet. Der "echte Cafe Racer" ist auch dort nur ein Teil der mittlerweile 75-jährigen Geschichte. Natürlich ein sinngebender, signifikanter Bestandteil, wobei die Bedeutung des Ace Cafes und des Cafe Racers jedoch auch von uns auf die Zeitspanne von ca. 1955 bis 1965 besonders hervorgehoben wird.
Man könnte auch sagen, dass wir uns einen Teil von dem, was uns besonders gefällt, herauspicken und dies zum Kern unserer Begierde und Aktivitäten machen.
Wenden wir uns kurz ab vom Objekt Cafe Racer und wenden uns dem Begriff Cafe Racer zu. Letzterer ist heute sicher weiter gefasst, als die Definiton des urspünglichen Inhalts 1960. Daran ist imho nichts falsch. Es wird dadurch auch nicht "unechter". Es ist in 2013 so echt wie in 1955, bezogen auf Umstände, Zeitgeist und verfügbarem Material.
Mit anderen Worten, es gäbe wohl keine TriTon, wenn schon 1955 ein Black Bomber (aka CB450) von Honda verfügbar gewesen wäre. Ein daraus gebildeter, hypothetisch echter Cafe Racer würde dann eher auf die Bezeichnung HonTon gehört haben.
Wenn jemandem die Originalität bei dieser Betrachtung wichtig ist, kann die Antwort also nur "Triumph, Norton, BSA, Matchless, etc." heissen. Für jemanden, der den "wahren Spirit" in ein für ihn persönlich gecafftes Motorrad einfliessen lassen möchte, mögen Aspekte wie Fahrbarkeit, Handling, Leistung und Bremsen gleichberechtigt wichtig sein.
Für mich persönlich sind letztere Gründe bis heute ausschlaggebend gewesen. Einer meiner ersten Kontakte mit dem "Cafeismus" war ein Bild einer Metisse auf T140-Basis mit abschale und transparenter Scheinwerfer-Abdeckung.
Dazu kamen dann Bilder von Tritons, Nobsas und Norvins, aber auch Umbauten auf Guzzi oder Morini Basis. Da mein simples Gemüt Seelenfrieden in der unspektakulären Bauart einer 2OHV BMW mit ihren zwei Zylindern, zwei Vergasern, zwei Krümmern, zwei Ansaugschnorcheln und 2 Auspufftüten findet, wollte ich solch eine Maschine umbauen. Das war 1980, vom Ace Cafe hatte ich bis dato noch nie etwas gehört und Rocker waren die Typen mit langen Haaren, metalflake Lackierungen, Z-Lenker, etc., Mich hat am Ace seit 1996 keiner dahingehend angesprochen, dass eine BMW kein "richtiger" Cafe Racer sein könnte. Dies ist mir hingegen in Deutschland bis Mitte des letzten Jahrzehnts des öfteren vorgekommen. Heute nicht mehr.
Schauen wir nun auf die Verwendung des Begriffs "Cafe Racer". Durch die gestiegene Popularität findet naturgemäß eine "Aufweichung" des eigentlichen, altehergebrachten Inhaltes statt. DIes bringt Vorteile und Nachteile mit sich. Wie überall im Leben. Und befeuert DIskussionen um den "heiligen Gral". Ausgestattet mit der "Gnade der späten Geburt", diskutieren wir rückblickend seit 30 Jahren über etwas, dass selbst nur ca. 10 Jahre "en vogue" war.
Und damals war ein Cafe Racer "stylish", "zeitgeistig", war ein "fashionable object". Genauso wie nietenbeschlagende Gürtel für die Punkfraktion, die ab Ende der 70er in jedem Szeneladen in deutschen Innenstädten für kleines Geld erhältlich waren. Und die Sex Pistols wurden von Mr. McLaren gecastet. Genauso wie die Bay City Rollers oder heute irgendwelche Sternchen von DFDS oder V.O.G.
Womit wir dann mitten im Thema "kommerzialiserter Ausverkauf" angekommen sind. Nichts neues, wie zuvor schon gesagt. Louis zB hat sich die Markenrechte für die Begriffe "Streetfighter" und "Cafe Racer" bereits vor ca. 10 Jahren eintragen lassen. Das ist der Gang der Dinge. Die meisten Menschen interessieren sich für authentische Details nicht so viel wie der begeisterte Enthusiast. Zumindest beim Thema Cafe Racer. Ihnen ist nicht so wichtig, was wann wo und wie wirklich war, sondern dass sie etwas von dem, was Ihnen gefällt, was vermeintlich "hype" ist, selbst nachempfinden können.
Für die Besucher der Tridays bilden ein UK-Bobby-Model, ein gechoppter Doppeldecker Bus und eine rote Telefonzelle ganz offensichtlich ausreichende Identifikation mit dem Thema "UK / England". Fragt mal Mark Wilsmore, ob er sich dabei anders vorkommt als deutsche Besucher in Florida, die sich per Lederhosen, Kuckusuhr und Brezeln mit der Vorstellungswelt US-amerikanischer Besucher zum Thema Deutschland konfrontiert sehen. Ist deshalb das Tridays Event weniger "echt". Ich denke nein.
Werfen wir einen Blick auf das "kommerzialisierte Treffen Glemseck 101". Wie hier schon ein Forumist zu bedenken gab, muss für ein solche Veranstaltung richtig viel gemacht und bewegt werden. Gerade das Glemseck 101 kenne ich persönlich von den Anfängen an. In 2005 bat mich Jörg Litzenburger bei seinem Besuch zur Ace Cafe Reunion in London, mir Gedanken über ein Motorradevent am historischen Glemseck zu machen, ob wir helfen könnten. Jörg hatte schon erfolgreich den City Grand Prix in Böblingen veranstaltet und war u.a. auf Grund seiner Tätigkeit für den Kreis Böblingen sehr gut mit den entsprechenden Stellen vernetzt. EIner dieser Networker ist ein Angestellter der Stadt Leonberg, der gute Peter Herrle. Ich habe mich dann Ende 2005 vor Ort begeben und war sofort begeistert. Ich habe dann ein Konzept und den Namen für die Veranstaltung entwickelt, das Financing, Sponsoring, Programm etc. gemacht, Jörg und Peter haben alles in Bewegung gesetzt, die Sperrung einer Land- und einer Bundestraße für ein ganzes WE genehmigt zu bekommen. Hierzu waren die Stadt, der Kreis, Verkehrsämter, Naturschutzbehörden, etc. als Mitmacher zu gewinnen. Der Aufrag war, ein Motorradevent auf historischem Boden mit allen Facetten, u.a. "Cafe Racing" für ca. 15.000 Besucher auf die Beine zu stellen. Dazu sollten möglichst viele Hersteller und relevante Anbieter auf einer Platform versammelt werden, um einen attraktiven Überblick zum Thema "Motorradfahren" bieten zu können. Das 1. Glemseck 101 hatte dann 30.000 Besucher.
Wegen der zeitlichen Nähe zur Ace Reunion habe ich mich ab 2008 aus dem Orga-Team zurückgezogen (ich renn zur Reunion und zum Continental Run eh schon genug Kreise um mich selbst...), Jörg und Peter haben das Event erfolgreich weiterentwickelt und es bis heute mit ca. 50.000 Besuchern zu einem der besten Events überhaupt in Europa gemacht. Ace kommt mit Red Torpedo, Guy Martin, Conor Cummins, etc. immer wieder gerne dorthin. Selbst In UK und USA ist man auf das Glemseck 101 aufmerksam geworden und wundert sich dort, wie die "Deutschen" so ein lockeres Event hinkriegen. Und das in BaWÜ, mit bis zu 4 Blitzern hintereinander auch in kleinsten Dörfern...
Das Glemseck 101 eine Veranstaltung für alle Motorradthemen. Cafe Racing ist ein bedeutsamer Teil der Story, mit dem MO Cafe Racer Sprint am Samstag, dem Ace Cafe und vielen Rockers und Ton Up Boys, aber eben nicht alleiniger Bestandteil. Durch die große Platform wurde viel Interesse für unser Thema "Cafe Racing" generiert. Dies ist erst mal positiv. Da das Glemseck 101 nach wie vor freien Eintritt bietet, der Besucher nicht von Werbung, Gadgets, apps, etc. das restliche Jahr über bis in´s heimische Schlafzimmer verfolgt wird, kann man imho hier auch nicht von einer Kommerzialisierung sprechen. Wenn jemand generell große Events mit hohen Besucherzahlen nicht mag, dann ist dies eine persönliche Präferenz. Nicht weniger - aber auch nicht mehr.
Für den unbedarften Betrachter haben Klischees ihre Bedeutung. Und hierauf müssen auch Hersteller und Anbieter von Produkten, Services, etc. achten. Die können nicht nur von den paar handverlesenen "echten" leben. Müssten sie dies, würden sie binnen Monaten - wenn auch im Bewußtsein maximaler Authentizität - vom Wettbewerb verdrängt und vom Markt verschwunden sein.
Der Rückblick auf Vergangenes schönt und verklärt eher als Regel denn als Ausnahme die Sicht auf die Fakten. Vielleicht war der "letzte Mohikaner" kein feiner Mensch sondern ein Päderast, Psychopath und Kindermörder. Trotzdem ist er für die Gesellschaft Sinnbild des "edlen Wilden". Who knows...
Und wer weiss, was ein "working class kid" 1958 in Dagenham oder Islington so gemacht hat. Um den "echten Cafe Racer" wird er sich wohl nicht allzuviele Gedanken gemacht haben. Der wollte eine schnelle Maschine, Clip on´s dran, Megaphones und ab dafür, hoch auf die North CIrcular, "checking the birds", "revving it up to Hanger Lane roundabout. Oder mit Kumpels nach Blackpool, Edinburgh oder Brighton. Das Etikett "Rockers" und / oder "Cafe Racer" ist erst nachher von anderen ( zb "Daily Terror") verliehen worden.
Echt ist das, was Du daraus machst. Mit viel Aufwand, Mühe, Engagement und Stilbewußtsein, ein Gespür für Authenzität und die Gabe zur Beschränkung auf das Wesentliche. Hierfür mag dann eine atavistische Lebenseinstellung förderlich sein. Ich brauche kein Navi auf meinem Caffer, kein Smartphone weil ich mich unterwegs unterhalten lassen will oder alle 50km twittern oder per Facebook mein Gefühlsleben publizieren müsste.
Ich will fahren. Mit meinem Cafe Racer. Zum Ace oder zum Glemseck, nach Edinburgh, in die Alpen, die Pyrenäen, zum TGC Cafe nach Lyon oder zum Cruise Inn nach Amsterdam. Dort treffe ich auf viele Begeisterte, viele Umbauten, nette Leute, gute Leute.
Dazu gehört zu akzeptieren, dass "Dein Cafe Racer" eben Deine Interpretaion des Themas ist. So wie meiner die meinige. Ich will nicht wissen, welche Partei Du wählst, wir müssen nicht den selben Musikgeschmack zu 100% teilen. Wie müssen nicht alles haarklein ausdiskutieren, und gegenseitig unsere "Berechtigung" für das, was wir tun nachweisen. Ob dann der "richtige" Fahrer auf seinem Caffer sitzt, geben Lebenserfahrung und gesunder Menschenvertand schon her. Ein tauglicher Bursche bleibt einer, egal ob zu Fuß, im Zeppelin oder auf einem Motorrad. Ein Arschloch bleit ein Arschloch, auch auf einem Cafe Racer.
Lass uns lieber die A 406 hochballern, beim Continental Run Münch 1200 TTS, Tritons, gecafften Guzzen, Honda K Fours oder Vincents beim Streetsurfing zuschauen. Am Ace zur Friday Night Reunion Party Link Wray oder Eddie Cochran hören ... Beers to be sunk and stories to be swapped.....
Mit Leuten aus ganz Europa und Übersee Gemeinsamkeiten feiern, neues entdecken, bewährtes bewahren und schon mal auf die nächsten 75 Jahre freuen ....
wherever yer caffinated boik will take you.....
And now gentlemen, comb yer quiffs, dust off those boots, wax yer leathers, kick the bikes into life ' n rev it up!
brgds
caffbeemer
Die kurze Antwort ist wohl schlicht, bei einer tauglichen Ausgangsbasis (darunter fällt dann reichlich Material) "Stummel & Teile weg-optimieren".
Die lange Antwort bezieht Aspekte wie "soziologisches Umfeld, Zeitgeist, Sport, Jugend-Bewegungen, Musik", etc. ein.
Daraus könnte man eine Doktorarbeit machen. Wer Lust dazu hat, nicht von Guttenberg und Schavan abschrecken lassen, wäre sicherlich nicht uninteressant.
An den Antworten ist abzulesen, dass verschiedene Facetten für die Forumisten eine Rolle spielen. DIe Frage - was ist eine echter Cafe Racer - wird schon ausschöpfend beantwortet. So richtig "echt" ist ein Cafe Racer, wenn Basis und Umbauteile aus den "halcyon days", den "heydays" der "50s & 60s" stammen. Dies vorzugsweise noch aus UK.
Dann gibt es die Abteilung, die für die meisten hier und auch ausserhalb des Forums den Schwerpunkt für ihr cafeistisches Tun bilden: Geeignetes Maschinenmaterial mit den heute erhältlichen Teilen umbauen.
Genau dieser Punkt bildet imho auch die Grundlage für die "echten" Cafe Racer. Insofern entspricht dem "wahren Geist" eines Cafe Racers auch ein zB W650 oder T800 Umbau in 2013.
Der Cafe Racer als solches ist letztendlich auch nicht mehr - oder weniger - als ein bestimmter Typ eines Motorradumbaus. Generell als "Customising" (nicht mit US "z" sonder engl. "s" !!) bekannt, werden unter diesem Begriff reichlich Nischen wie zB Chopper, Cruiser, Bobber, Flat Tracker, Muscle, Street -bike, etc. zusammengefasst.
Ob dies eigenhändisch oder vom Profi für Geld umgesetzt wurde, spielt bei dieser Betrachtung auch erst mal keine Rolle. Wobei "selber gemachtes" natürlich immer einen besondern Kick gibt.
Schauen wir uns den Geburtsort der Cafe Racer an, das Ace Cafe. Der Laden machte 1938 auf, 1969 zu, 1997 teilweise und 2001 vollständig wiedereröffnet. Der "echte Cafe Racer" ist auch dort nur ein Teil der mittlerweile 75-jährigen Geschichte. Natürlich ein sinngebender, signifikanter Bestandteil, wobei die Bedeutung des Ace Cafes und des Cafe Racers jedoch auch von uns auf die Zeitspanne von ca. 1955 bis 1965 besonders hervorgehoben wird.
Man könnte auch sagen, dass wir uns einen Teil von dem, was uns besonders gefällt, herauspicken und dies zum Kern unserer Begierde und Aktivitäten machen.
Wenden wir uns kurz ab vom Objekt Cafe Racer und wenden uns dem Begriff Cafe Racer zu. Letzterer ist heute sicher weiter gefasst, als die Definiton des urspünglichen Inhalts 1960. Daran ist imho nichts falsch. Es wird dadurch auch nicht "unechter". Es ist in 2013 so echt wie in 1955, bezogen auf Umstände, Zeitgeist und verfügbarem Material.
Mit anderen Worten, es gäbe wohl keine TriTon, wenn schon 1955 ein Black Bomber (aka CB450) von Honda verfügbar gewesen wäre. Ein daraus gebildeter, hypothetisch echter Cafe Racer würde dann eher auf die Bezeichnung HonTon gehört haben.
Wenn jemandem die Originalität bei dieser Betrachtung wichtig ist, kann die Antwort also nur "Triumph, Norton, BSA, Matchless, etc." heissen. Für jemanden, der den "wahren Spirit" in ein für ihn persönlich gecafftes Motorrad einfliessen lassen möchte, mögen Aspekte wie Fahrbarkeit, Handling, Leistung und Bremsen gleichberechtigt wichtig sein.
Für mich persönlich sind letztere Gründe bis heute ausschlaggebend gewesen. Einer meiner ersten Kontakte mit dem "Cafeismus" war ein Bild einer Metisse auf T140-Basis mit abschale und transparenter Scheinwerfer-Abdeckung.
Dazu kamen dann Bilder von Tritons, Nobsas und Norvins, aber auch Umbauten auf Guzzi oder Morini Basis. Da mein simples Gemüt Seelenfrieden in der unspektakulären Bauart einer 2OHV BMW mit ihren zwei Zylindern, zwei Vergasern, zwei Krümmern, zwei Ansaugschnorcheln und 2 Auspufftüten findet, wollte ich solch eine Maschine umbauen. Das war 1980, vom Ace Cafe hatte ich bis dato noch nie etwas gehört und Rocker waren die Typen mit langen Haaren, metalflake Lackierungen, Z-Lenker, etc., Mich hat am Ace seit 1996 keiner dahingehend angesprochen, dass eine BMW kein "richtiger" Cafe Racer sein könnte. Dies ist mir hingegen in Deutschland bis Mitte des letzten Jahrzehnts des öfteren vorgekommen. Heute nicht mehr.
Schauen wir nun auf die Verwendung des Begriffs "Cafe Racer". Durch die gestiegene Popularität findet naturgemäß eine "Aufweichung" des eigentlichen, altehergebrachten Inhaltes statt. DIes bringt Vorteile und Nachteile mit sich. Wie überall im Leben. Und befeuert DIskussionen um den "heiligen Gral". Ausgestattet mit der "Gnade der späten Geburt", diskutieren wir rückblickend seit 30 Jahren über etwas, dass selbst nur ca. 10 Jahre "en vogue" war.
Und damals war ein Cafe Racer "stylish", "zeitgeistig", war ein "fashionable object". Genauso wie nietenbeschlagende Gürtel für die Punkfraktion, die ab Ende der 70er in jedem Szeneladen in deutschen Innenstädten für kleines Geld erhältlich waren. Und die Sex Pistols wurden von Mr. McLaren gecastet. Genauso wie die Bay City Rollers oder heute irgendwelche Sternchen von DFDS oder V.O.G.
Womit wir dann mitten im Thema "kommerzialiserter Ausverkauf" angekommen sind. Nichts neues, wie zuvor schon gesagt. Louis zB hat sich die Markenrechte für die Begriffe "Streetfighter" und "Cafe Racer" bereits vor ca. 10 Jahren eintragen lassen. Das ist der Gang der Dinge. Die meisten Menschen interessieren sich für authentische Details nicht so viel wie der begeisterte Enthusiast. Zumindest beim Thema Cafe Racer. Ihnen ist nicht so wichtig, was wann wo und wie wirklich war, sondern dass sie etwas von dem, was Ihnen gefällt, was vermeintlich "hype" ist, selbst nachempfinden können.
Für die Besucher der Tridays bilden ein UK-Bobby-Model, ein gechoppter Doppeldecker Bus und eine rote Telefonzelle ganz offensichtlich ausreichende Identifikation mit dem Thema "UK / England". Fragt mal Mark Wilsmore, ob er sich dabei anders vorkommt als deutsche Besucher in Florida, die sich per Lederhosen, Kuckusuhr und Brezeln mit der Vorstellungswelt US-amerikanischer Besucher zum Thema Deutschland konfrontiert sehen. Ist deshalb das Tridays Event weniger "echt". Ich denke nein.
Werfen wir einen Blick auf das "kommerzialisierte Treffen Glemseck 101". Wie hier schon ein Forumist zu bedenken gab, muss für ein solche Veranstaltung richtig viel gemacht und bewegt werden. Gerade das Glemseck 101 kenne ich persönlich von den Anfängen an. In 2005 bat mich Jörg Litzenburger bei seinem Besuch zur Ace Cafe Reunion in London, mir Gedanken über ein Motorradevent am historischen Glemseck zu machen, ob wir helfen könnten. Jörg hatte schon erfolgreich den City Grand Prix in Böblingen veranstaltet und war u.a. auf Grund seiner Tätigkeit für den Kreis Böblingen sehr gut mit den entsprechenden Stellen vernetzt. EIner dieser Networker ist ein Angestellter der Stadt Leonberg, der gute Peter Herrle. Ich habe mich dann Ende 2005 vor Ort begeben und war sofort begeistert. Ich habe dann ein Konzept und den Namen für die Veranstaltung entwickelt, das Financing, Sponsoring, Programm etc. gemacht, Jörg und Peter haben alles in Bewegung gesetzt, die Sperrung einer Land- und einer Bundestraße für ein ganzes WE genehmigt zu bekommen. Hierzu waren die Stadt, der Kreis, Verkehrsämter, Naturschutzbehörden, etc. als Mitmacher zu gewinnen. Der Aufrag war, ein Motorradevent auf historischem Boden mit allen Facetten, u.a. "Cafe Racing" für ca. 15.000 Besucher auf die Beine zu stellen. Dazu sollten möglichst viele Hersteller und relevante Anbieter auf einer Platform versammelt werden, um einen attraktiven Überblick zum Thema "Motorradfahren" bieten zu können. Das 1. Glemseck 101 hatte dann 30.000 Besucher.
Wegen der zeitlichen Nähe zur Ace Reunion habe ich mich ab 2008 aus dem Orga-Team zurückgezogen (ich renn zur Reunion und zum Continental Run eh schon genug Kreise um mich selbst...), Jörg und Peter haben das Event erfolgreich weiterentwickelt und es bis heute mit ca. 50.000 Besuchern zu einem der besten Events überhaupt in Europa gemacht. Ace kommt mit Red Torpedo, Guy Martin, Conor Cummins, etc. immer wieder gerne dorthin. Selbst In UK und USA ist man auf das Glemseck 101 aufmerksam geworden und wundert sich dort, wie die "Deutschen" so ein lockeres Event hinkriegen. Und das in BaWÜ, mit bis zu 4 Blitzern hintereinander auch in kleinsten Dörfern...
Das Glemseck 101 eine Veranstaltung für alle Motorradthemen. Cafe Racing ist ein bedeutsamer Teil der Story, mit dem MO Cafe Racer Sprint am Samstag, dem Ace Cafe und vielen Rockers und Ton Up Boys, aber eben nicht alleiniger Bestandteil. Durch die große Platform wurde viel Interesse für unser Thema "Cafe Racing" generiert. Dies ist erst mal positiv. Da das Glemseck 101 nach wie vor freien Eintritt bietet, der Besucher nicht von Werbung, Gadgets, apps, etc. das restliche Jahr über bis in´s heimische Schlafzimmer verfolgt wird, kann man imho hier auch nicht von einer Kommerzialisierung sprechen. Wenn jemand generell große Events mit hohen Besucherzahlen nicht mag, dann ist dies eine persönliche Präferenz. Nicht weniger - aber auch nicht mehr.
Für den unbedarften Betrachter haben Klischees ihre Bedeutung. Und hierauf müssen auch Hersteller und Anbieter von Produkten, Services, etc. achten. Die können nicht nur von den paar handverlesenen "echten" leben. Müssten sie dies, würden sie binnen Monaten - wenn auch im Bewußtsein maximaler Authentizität - vom Wettbewerb verdrängt und vom Markt verschwunden sein.
Der Rückblick auf Vergangenes schönt und verklärt eher als Regel denn als Ausnahme die Sicht auf die Fakten. Vielleicht war der "letzte Mohikaner" kein feiner Mensch sondern ein Päderast, Psychopath und Kindermörder. Trotzdem ist er für die Gesellschaft Sinnbild des "edlen Wilden". Who knows...
Und wer weiss, was ein "working class kid" 1958 in Dagenham oder Islington so gemacht hat. Um den "echten Cafe Racer" wird er sich wohl nicht allzuviele Gedanken gemacht haben. Der wollte eine schnelle Maschine, Clip on´s dran, Megaphones und ab dafür, hoch auf die North CIrcular, "checking the birds", "revving it up to Hanger Lane roundabout. Oder mit Kumpels nach Blackpool, Edinburgh oder Brighton. Das Etikett "Rockers" und / oder "Cafe Racer" ist erst nachher von anderen ( zb "Daily Terror") verliehen worden.
Echt ist das, was Du daraus machst. Mit viel Aufwand, Mühe, Engagement und Stilbewußtsein, ein Gespür für Authenzität und die Gabe zur Beschränkung auf das Wesentliche. Hierfür mag dann eine atavistische Lebenseinstellung förderlich sein. Ich brauche kein Navi auf meinem Caffer, kein Smartphone weil ich mich unterwegs unterhalten lassen will oder alle 50km twittern oder per Facebook mein Gefühlsleben publizieren müsste.
Ich will fahren. Mit meinem Cafe Racer. Zum Ace oder zum Glemseck, nach Edinburgh, in die Alpen, die Pyrenäen, zum TGC Cafe nach Lyon oder zum Cruise Inn nach Amsterdam. Dort treffe ich auf viele Begeisterte, viele Umbauten, nette Leute, gute Leute.
Dazu gehört zu akzeptieren, dass "Dein Cafe Racer" eben Deine Interpretaion des Themas ist. So wie meiner die meinige. Ich will nicht wissen, welche Partei Du wählst, wir müssen nicht den selben Musikgeschmack zu 100% teilen. Wie müssen nicht alles haarklein ausdiskutieren, und gegenseitig unsere "Berechtigung" für das, was wir tun nachweisen. Ob dann der "richtige" Fahrer auf seinem Caffer sitzt, geben Lebenserfahrung und gesunder Menschenvertand schon her. Ein tauglicher Bursche bleibt einer, egal ob zu Fuß, im Zeppelin oder auf einem Motorrad. Ein Arschloch bleit ein Arschloch, auch auf einem Cafe Racer.
Lass uns lieber die A 406 hochballern, beim Continental Run Münch 1200 TTS, Tritons, gecafften Guzzen, Honda K Fours oder Vincents beim Streetsurfing zuschauen. Am Ace zur Friday Night Reunion Party Link Wray oder Eddie Cochran hören ... Beers to be sunk and stories to be swapped.....
Mit Leuten aus ganz Europa und Übersee Gemeinsamkeiten feiern, neues entdecken, bewährtes bewahren und schon mal auf die nächsten 75 Jahre freuen ....
wherever yer caffinated boik will take you.....
And now gentlemen, comb yer quiffs, dust off those boots, wax yer leathers, kick the bikes into life ' n rev it up!
brgds
caffbeemer