Re: Cafe Racer - Ende eines Trends?
Verfasst: 14. Dez 2014
G´day Surfinbird, Ton Up Boys, Rockers 'n caff aficionados,
sehr schön zu lesen, wie differenziert die Forumisten das Thema angehen. Und vor allem, dass sie sich den Spaß am Tun nicht nehmen lassen.
Als ich 1981 meine erstes Kratt gecafft habe, war ich sowas von untrendig. Meine Ray Bans und wincklepickers waren in den letzen 35 Jahren so oft "in" wie "out".
Schaut man auf ein paar Dekaden zurück ("die Gnade der frühen Geburt..") scheint eine der wenigen Konstanten der Wechsel an sich zu sein.
Darüber hinaus gibt´s aber eben "Klassiker" - das kurze Schwarze, den Manhatten Cocktail, einen Tele oder Strat, ne Wurlitzer, irgendwelche Röhrencombos aber auch eine Braun Studio oder Quad 303 und noch zig weitere Dinge.
Bei Moppeds ebenso - ob Scotts Flying Squirrels oder Brough SS, Vincents, T100, Boxer,´V´s, Münch, Z900, CB K0 usw.
Von den 30ern bis zu den 70 / 80ern stand jede Dekade für ein spezifisches, zumindest für das betreffende Jahrzehnt dominierendes Lebensgefühl. Blues, Swing, RnR, Beat, Motown, Psyschodelic / Hard Rock, Folk, Pop, Punk und Wave. Lange bevor "lifestyle" zu einem Lieblingskind des Marketings und der Markenkommunikation wurden, lebten massenweise Leute "ihren Stil" aus. Mal mehr, mal weniger, mal eng an der "reinen Lehre" angelehnt, mal boarder crossing durch verschiedene Styles.
Seit ca. Mitte der 80er läuft nach meiner Wahrnehmung so ziemlich alles "in the Mix". Und - ob man´s mag oder nicht - wer hätte beim Auftritt der Sugarhill Gang im 70er "Musikladen" gedacht, dass "Rapper´s Delight" so einen langen Atem hätte?
Im ziemlich reizüberfluteten heutigen Dasein wird nun mal fast täglich eine vermeintlich "Neue Sau" durch´s Dorf getrieben. Subsequent wird die Sehnsucht Vieler nach "überschaubaren, konstanten und wahren Dingen" messbar größer. Die "Rückbesinnung" auf "Frühe"r ist da auch nicht neu - der schon in den 50ern bekannte Ausspruch der "Goldenen Zwanziger" war auch nur eine Momentaufnahme. Und sicherlich nicht für die meisten zutreffend, die 1926 irgendwo den Hammer für kleines Geld schwingen durften.
Der Mensch als solcher ist tendenziell wertekonservativ - hat man mal etwas erreicht, ist man zufrieden, möchte man diesen Status gerne konservieren. Verbunden mit diesen Gefühlen sind zwangsläufig Inhalte und Geschehnisse, die viele mit bestimmten Ereignissen oder Empfindungen in ihrem Leben verbinden. Da gibt´s dann "unser Lied" oder gar den "Soundtrack einer Genreration"
Letzteren hat man vielleicht miterlebt, kann ihn aber ebenso als 20-jähriger auch ganz früh morgens zwischen "nachtaktiven Frisösen" und "dauergeilen Studentinnen" käuflich im Teleshop erwerben.
Dem Soundtrack selbst wird´s herzlich egal sein. Mir auch. Klar wird bei zunehmendem Wettbewerb mancher Anbieter versuchen, die "letzte Mark" irgendwo rauszuquetschen. Klar spingen restlos alle auf Züge auf, die Umsatz verheißen. Klar ist vieles von dem, was uns in die Ohren gepfropft, unter die Nase und vor Augen gehalten wird nicht selten blutleer und steril kommerzorientiert als "das Wahre, das Echte, das blah blah blah schnöde bis belanglos rund gesülzt.
Und sicher ist es auch ein Bestreben der Medien, immer "neue" und noch "coolere" Inhalte auszugraben. Wer wollte als Redakteur nicht gerne als erster den absolut hippen Trend entdecken? Oder als erster den Abgesang darauf anstimmen.
Vielleicht hat Motorrad News Recht. Vielleicht hat ein knackiger Ton Up Boy des Artikel-Schreibers ehemals Bessere Hälfte" selbigem ausgespannt? Who knows? Who cares?!
Wirklich wichtig ist das nicht. Auch nicht, ob Hipster oder Späteinsteiger, Fertig-Käufer oder Angelesene dazu stoßen. Das belebt den Markt, die Vielfalt, das Angebot,die Auswahl.
Jeder einzelne hat die Möglichkeit, das für sich Passende heraus zu filtern. Ob dabei für "Gralshüter" ein Zacken aus der Krone bricht, ist mir auch eher egal.
Klar höre ich jemandem, der sein Kratt selbst gebaut hat in der Regel interessierter zu, als einem Fahrer eines "Retro-Bikes von der Stange". Das macht aber weder aus dem einen noch aus dem anderen einen "besseren Menschen". Oder zu einen generell mehr oder weniger interessanten oder glaubwürdigen Vertreter der Spezies. Dazu gehört imho schon noch mehr, als sich zu einem Stil zu "bekennen". Keiner hat wohl durch Erwerb eines gebrandeten Retro-Jackets oder dem Selbstaufbau einer Orginal A65 in Tateinheit die "Weisheit" und "Wahre Lehre" mit Löffeln gefressen.
Da halte ich es lieber mit dem Alten Fritz - jeder nach seiner Facón.
Auch dieses Forum ist eine "zeitgeistige" Form des Umgangs mit Inhalten sowie miteinander. Im Netz bewirkt so ziemlich jede Aktion fast zeitgleich die passende Gegenaktion. Reaktionen erfolgen heute schneller, Trends kommen schneller und gehen früher.
Mir war früher der Trend scheißegal. Und heute auch. Morgen höchst wahrscheinlich auch noch. Ich habe keine Elvis CD oder Platte im Regal, finde aber "You ain´t nothing but a hound dog" in der Mit-50er US TV Show live dargeboten "ewig cool". Zumindest war es das aller erste mal, das Jugend weltweit einen eignen Sound hatte - and all what came with it...
Seitdem haben viele "ihre Spuren im Schnee, der Wüste, oder sonst wo hinterlassen. Und sie alle haben das Recht dazu. Das Recht, ihre erste individuelle Erfahrung als "einzigartig" zu empfinden. Dieses Gefühl will man gerne wiederholen. Oder zumindest ab und an mal zurück holen. Wie weit man dabei in was auch immer eintaucht, bleibt jedem selbst überlassen.
Deshalb freue ich mich über das Forum mit über 6000 Mitgliedern. Über neue Motorräder von Herstellern, neue Sounds, Zubehörteile, Entwicklungen im Tuning-Bereich oder auf Treffen. Und auf meine "persönlichen Klassiker".
Nach 35 Jahren rum caffen lass ich mir nicht einen Ring durch die Nase und mich durch die Manege ziehen.
Hierzu eines meiner Lieblingzitate - vom auch von Surfingbird verehrten W.C. Fields - Never give a sucker an even brake!
Ob dieser oder jener Trend heute oder morgen kommt oder vorbei ist - I´ll comb my quiffs, wax the leathers, dust off those boots and rev me caff... as in 1981 and ever since. Just because I like it!
ROCK YOU SINNERS!
MfG
caffbeemer
sehr schön zu lesen, wie differenziert die Forumisten das Thema angehen. Und vor allem, dass sie sich den Spaß am Tun nicht nehmen lassen.
Als ich 1981 meine erstes Kratt gecafft habe, war ich sowas von untrendig. Meine Ray Bans und wincklepickers waren in den letzen 35 Jahren so oft "in" wie "out".
Schaut man auf ein paar Dekaden zurück ("die Gnade der frühen Geburt..") scheint eine der wenigen Konstanten der Wechsel an sich zu sein.
Darüber hinaus gibt´s aber eben "Klassiker" - das kurze Schwarze, den Manhatten Cocktail, einen Tele oder Strat, ne Wurlitzer, irgendwelche Röhrencombos aber auch eine Braun Studio oder Quad 303 und noch zig weitere Dinge.
Bei Moppeds ebenso - ob Scotts Flying Squirrels oder Brough SS, Vincents, T100, Boxer,´V´s, Münch, Z900, CB K0 usw.
Von den 30ern bis zu den 70 / 80ern stand jede Dekade für ein spezifisches, zumindest für das betreffende Jahrzehnt dominierendes Lebensgefühl. Blues, Swing, RnR, Beat, Motown, Psyschodelic / Hard Rock, Folk, Pop, Punk und Wave. Lange bevor "lifestyle" zu einem Lieblingskind des Marketings und der Markenkommunikation wurden, lebten massenweise Leute "ihren Stil" aus. Mal mehr, mal weniger, mal eng an der "reinen Lehre" angelehnt, mal boarder crossing durch verschiedene Styles.
Seit ca. Mitte der 80er läuft nach meiner Wahrnehmung so ziemlich alles "in the Mix". Und - ob man´s mag oder nicht - wer hätte beim Auftritt der Sugarhill Gang im 70er "Musikladen" gedacht, dass "Rapper´s Delight" so einen langen Atem hätte?
Im ziemlich reizüberfluteten heutigen Dasein wird nun mal fast täglich eine vermeintlich "Neue Sau" durch´s Dorf getrieben. Subsequent wird die Sehnsucht Vieler nach "überschaubaren, konstanten und wahren Dingen" messbar größer. Die "Rückbesinnung" auf "Frühe"r ist da auch nicht neu - der schon in den 50ern bekannte Ausspruch der "Goldenen Zwanziger" war auch nur eine Momentaufnahme. Und sicherlich nicht für die meisten zutreffend, die 1926 irgendwo den Hammer für kleines Geld schwingen durften.
Der Mensch als solcher ist tendenziell wertekonservativ - hat man mal etwas erreicht, ist man zufrieden, möchte man diesen Status gerne konservieren. Verbunden mit diesen Gefühlen sind zwangsläufig Inhalte und Geschehnisse, die viele mit bestimmten Ereignissen oder Empfindungen in ihrem Leben verbinden. Da gibt´s dann "unser Lied" oder gar den "Soundtrack einer Genreration"
Letzteren hat man vielleicht miterlebt, kann ihn aber ebenso als 20-jähriger auch ganz früh morgens zwischen "nachtaktiven Frisösen" und "dauergeilen Studentinnen" käuflich im Teleshop erwerben.
Dem Soundtrack selbst wird´s herzlich egal sein. Mir auch. Klar wird bei zunehmendem Wettbewerb mancher Anbieter versuchen, die "letzte Mark" irgendwo rauszuquetschen. Klar spingen restlos alle auf Züge auf, die Umsatz verheißen. Klar ist vieles von dem, was uns in die Ohren gepfropft, unter die Nase und vor Augen gehalten wird nicht selten blutleer und steril kommerzorientiert als "das Wahre, das Echte, das blah blah blah schnöde bis belanglos rund gesülzt.
Und sicher ist es auch ein Bestreben der Medien, immer "neue" und noch "coolere" Inhalte auszugraben. Wer wollte als Redakteur nicht gerne als erster den absolut hippen Trend entdecken? Oder als erster den Abgesang darauf anstimmen.
Vielleicht hat Motorrad News Recht. Vielleicht hat ein knackiger Ton Up Boy des Artikel-Schreibers ehemals Bessere Hälfte" selbigem ausgespannt? Who knows? Who cares?!
Wirklich wichtig ist das nicht. Auch nicht, ob Hipster oder Späteinsteiger, Fertig-Käufer oder Angelesene dazu stoßen. Das belebt den Markt, die Vielfalt, das Angebot,die Auswahl.
Jeder einzelne hat die Möglichkeit, das für sich Passende heraus zu filtern. Ob dabei für "Gralshüter" ein Zacken aus der Krone bricht, ist mir auch eher egal.
Klar höre ich jemandem, der sein Kratt selbst gebaut hat in der Regel interessierter zu, als einem Fahrer eines "Retro-Bikes von der Stange". Das macht aber weder aus dem einen noch aus dem anderen einen "besseren Menschen". Oder zu einen generell mehr oder weniger interessanten oder glaubwürdigen Vertreter der Spezies. Dazu gehört imho schon noch mehr, als sich zu einem Stil zu "bekennen". Keiner hat wohl durch Erwerb eines gebrandeten Retro-Jackets oder dem Selbstaufbau einer Orginal A65 in Tateinheit die "Weisheit" und "Wahre Lehre" mit Löffeln gefressen.
Da halte ich es lieber mit dem Alten Fritz - jeder nach seiner Facón.
Auch dieses Forum ist eine "zeitgeistige" Form des Umgangs mit Inhalten sowie miteinander. Im Netz bewirkt so ziemlich jede Aktion fast zeitgleich die passende Gegenaktion. Reaktionen erfolgen heute schneller, Trends kommen schneller und gehen früher.
Mir war früher der Trend scheißegal. Und heute auch. Morgen höchst wahrscheinlich auch noch. Ich habe keine Elvis CD oder Platte im Regal, finde aber "You ain´t nothing but a hound dog" in der Mit-50er US TV Show live dargeboten "ewig cool". Zumindest war es das aller erste mal, das Jugend weltweit einen eignen Sound hatte - and all what came with it...
Seitdem haben viele "ihre Spuren im Schnee, der Wüste, oder sonst wo hinterlassen. Und sie alle haben das Recht dazu. Das Recht, ihre erste individuelle Erfahrung als "einzigartig" zu empfinden. Dieses Gefühl will man gerne wiederholen. Oder zumindest ab und an mal zurück holen. Wie weit man dabei in was auch immer eintaucht, bleibt jedem selbst überlassen.
Deshalb freue ich mich über das Forum mit über 6000 Mitgliedern. Über neue Motorräder von Herstellern, neue Sounds, Zubehörteile, Entwicklungen im Tuning-Bereich oder auf Treffen. Und auf meine "persönlichen Klassiker".
Nach 35 Jahren rum caffen lass ich mir nicht einen Ring durch die Nase und mich durch die Manege ziehen.
Hierzu eines meiner Lieblingzitate - vom auch von Surfingbird verehrten W.C. Fields - Never give a sucker an even brake!
Ob dieser oder jener Trend heute oder morgen kommt oder vorbei ist - I´ll comb my quiffs, wax the leathers, dust off those boots and rev me caff... as in 1981 and ever since. Just because I like it!
ROCK YOU SINNERS!
MfG
caffbeemer