Rechtsprechung Motorradunfall
Verfasst: 17. Mär 2016
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Hmmm....das würde ich mir überlegen. Ich möchte mal berichten was mir vor -zig Jahren mal passiert ist:als betroffener würde ich auch noch gegen die 25% einspruch einlegen
Hi, so was in der Art wie der Richter da verlangt hat, ist mir in den '90ern passiert, von wegen "Gefahr in Verzug und dieser Gefahr aus'm Weg gehen.Onym hat geschrieben:Hmmm....das würde ich mir überlegen. Ich möchte mal berichten was mir vor -zig Jahren mal passiert ist:als betroffener würde ich auch noch gegen die 25% einspruch einlegen
Ich stand mit dem Motorrad an einer roten Ampel in unserer Kleinstadt. Links, recht und von vorne niemand. Ich stand also alleine an der Ampel.
Da sehe ich im Rückspiegel wie von hinten ein Auto ankommt. Der Typ wühlte auf dem Beifahrersitz rum oder spielte am Radio oder so...Der kam immer näher und guckte nicht hoch....mir wurde schon mulmig auf dem Bike......Kurz vor knapp schaute der hoch, erschrak....und rummmmssssss..... schon flog ich über die Kreuzung und lag dort mitsamt der Honda...
Abschürfungen, Prellungen, Honda Totalschaden.
Der sprang aus dem Auto, hat sich um mich gekümmert und stammelte so oder ähnlich: "Tut mir leid, ich habe nicht aufgepasst..." Wir tauschten die üblichen Daten aus und er versprach das alles seiner Versicherung zu melden damit diese meinen Schaden reguliert.
Ein paar Tage später kam ein Brief von seiner Versicherung mit einem Fragebogen: Welches Fahrzeug, Erstzulassung, Km-Stand, usw. Das übliche halt. Ich füllte den Bogen aus und schickte den zurück.
Ein paar Tage drauf kam wieder ein Brief von seiner Versicherung...und der war ein Hit: Die Versicherung teilte mir mit, dass aus ihrer Sicht ICH EINE MITSCHULD am Unfallhergang hätte....boten mir im selben Schrieb eine lächerliche Summe für mein Motorrad an (meine Verletzungen und Krankheitsausfall wurden geflissentlich gar nicht erwähnt) und wenn ich diese annehmen würde wäre der Fall erledigt.
Falls nicht, würde die Versicherung gegen MICH auf dem Rechtswege vorgehen......
Also, (leider) zum Rechtsanwalt, der stellte eine Auflistung meines Schadens und Verdienstausfall, usw. zusammen und schickte diese an die Versicherung des Unfallgegners. Es kam dann was wir erwartet hatten: Rückweisung der Forderung, neuer RA-Brief, Rückweisung, bla bla bla.....Also kam es ein viertel Jahr später tatsächlich zur Verhandlung hier vor dem Amtsgericht.....und da habe ich gedacht, mich laust der Affe:
Nachdem der ursprüngliche Sachverhalt nochmals durchgekaut wurde ("Sie standen an der roten Ampel, der Unfallverursacher kam von hinten mit einem Auto...", usw...usw..) fragte mich der Richter:
"Sie hatten angegeben, dass Sie in Ihren Rückspiegeln gesehen hätten, wie Herr......sich am Radio zu schaffen gemacht hätte oder auf den Beifahrersitz geschaut hätte, richtig?"
"Ja, stimmt."
"Und was haben Sie dann gemacht?"
"Nichts. Was hätte ich denn machen sollen? Die Ampel war rot und ich dachte, Herr....würde den Kopf schon noch heben und auf die Straße schauen und bremsen....wie man das eben so macht. Ich dachte, der bremst noch."
"Sie haben weiter angegeben, das Sie ein "mulmiges" Gefühl hatten als Herr.....mit dem Auto hinter Ihnen ankam. Hatten Sie sowas wie eine "Vorahnung" das Herr...nicht bremsen würde und Ihnen hinten drauf fahren würde?"
"Ja, hatte ich."
Der Richter blickte nach unten in seine Akte, schaute mich an, blätterte und sagte dann:
"Also, wenn ich so eine "Vorahnung" gehabt hätte....ich wäre auch bei rot zügig losgefahren um den Unfall zu vermeiden!"
"Ähhh...Herr Vorsitzender....Ich stand bei rot an einer Ampel. Hinter mir hat einer nicht aufgepasst und ist mir drauf geknallt. Was ist daran unklar? Herr....hat doch selbst eingeräumt das er nicht aufgepasst hat!"
"Eben. ER hat nicht aufgepasst, aber SIE! Sie haben in den Rückspiegeln gesehen, dass er abgelenkt ist und haben ja selbst gesagt, Sie hätten "geahnt", das es zum Aufprall kommt. SIE HÄTTEN AUCH BEI ROT IN DEN KREUZUNGSBEREICH EINFAHREN MÜSSEN UM DEN UNFALL ZU VERMEIDEN! Sie unterliegen einer Schadensminderungspflicht. Gegen diese haben Sie verstoßen. Herr... ist wohl der Unfallverursacher...aber Sie waren der "aufmerksame Teil" der Unfallbeteiligten und hätten den Aufprall vermeiden können wenn Sie auf Ihre Vorahnung gehört hätten und dem Aufprall durch zügiges losfahren quasi "entflohen" wären.....
Kurzum:
Im Urteil, welches per Post zugestellt wurde, bekam ich eine 20%ige Mitschuld am Unfall.... Eben genau mit der oben angeführten Begründung!
Die Berufung durch meinen Anwalt wurde vom Landgericht gar nicht erst angenommen sondern das Urteil des Amtsgerichtes am grünen Tisch bestätigt.
Du stehst an einer roten Ampel und einer knallt dir hinten drauf...und Du bist mit Schuld.....
Ich sehe mich heute noch mit dem Urteilsbrief in der Hand in der Küche stehen....und verstand die Welt und unser Rechtssystem mal wieder ein bisschen weniger.
Aber ich muss das auch nicht verstehen denn ich bin nur ein kleiner, selbstständiger, dummer Handwerker. Hauptsache, der Richter hat im Sinne der Versicherung geurteilt. Und den Gefallen hat er der kleinen, unbedeutenden Finanz- und Versicherungsbranche in unserem Lande ja getan....
Lest auf den einschlägigen Seiten im Netz mal Urteile zu Kfz-Unfällen durch...Eine 100%ige Alleinschuld bei Unfällen gibt es nahezu nicht mehr!
Da hat doch mein Richter damals echte Pionierarbeit geleistet....