die NX650 „Dominator“ (die Norton Dominator hieß offiziell nie so) war schon immer mein Traummotorrad. Das mag heute schwer vorstellbar sein, da die Domi für die meisten nur eine langweilige Gebrauchtmöhre ist, deren einziger Vorzug der günstige Preis ist. Aber bei ihrer Vorstellung im November 1987 http://nx650.nx250.de/albums/userpics/1 ... wqg7~0.jpg war die Domi tatsächlich einzigartig. Wenn auch das Konzept einer Enduro, die gleichermaßen zum Straßenheizen wie auch zum echten Off-road Einsatz taugt von den Wettbewerbern oft kopiert wurde (u.a. BMW mit der F650GS) - durch ihre Ausgewogenheit blieb die Domi bis Ende der 90er auch in Tests ganz vorne. Und auch nach heutigen Maßstäben ist das Fahrwerk (Federelemente / Lager im guten Zustand vorausgesetzt) immer noch handlich und stabil, nicht zuletzt aufgrund des für eine Enduro relativ geringen Gewichtes von 173kg.
Maßgeblich beteiligt an der Faszination Dominatorfahren ist der Motor – während der Vorgänger in der XL600 noch als durchzugsschwach galt und auch thermische Probleme hatte (http://www.xl600.de/cms/uploads/medi/fa ... ertest.pdf) brachte die Hubraumerhöhung sowie mehr Schwungmasse den ersehnten Durchzug. Damit lässt sich eine Domi bei niedrigen Drehzahlen weitaus angenehmer fahren als moderne Singles, die unfein an der Kette hacken und viel höhere Drehzahlen verlangen. Und nicht zu vergessen der Sound: was der offene Ansaugstutzen und die großen Auspuff-Auslässe einer 88er Dominator produzieren zählt mit zum Besten, was es seit den Achtzigern jemals serienmäßig gab – im manchen Tests wurde sogar der zu laute Auspuff moniert

Als Student und nach einem finanziellen Desaster mit einer KLR600 musste ich aber bis 1992 warten, als ich mir endlich eine gebrauchte 1988er Domi mit 16.000km leisten konnte. Neben einen Kickstarter hatte sie auch glanzgoldene Krümmer, Lenker und Auspuffkappen, gold eloxierte Felgen sowie bronzefarbene Motordeckel. Schon serienmäßig versprühte sie also einen Hauch von Steampunk


Mit Topkäse – ich kann ohne diese Dinger nicht leben




Nachdem sie sich bei einem Abgang bei 120km/h ihrer Verkleidung entledigt hatte wurde sie kurzerhand für eine Afrika Durchquerung zur Enduro umgebaut (Domi 1.0

Wieder zurück, fing der Motor bei 68.000km an zu klappern an, um dann eines Morgens nicht mehr anzuspringen – in der Werkstatt wurde mir mitgeteilt, das Kipphebel/Nockenwelle eingelaufen waren und ein Ventilsitzring rausgefallen war. Beides für die Dominator typische Überhitzungs- und Ölmangelschäden, nur wusste ich das damals mangels Google (wurde erst 3 Jahre später gegründet) noch nicht

Erst viel später stellte sich heraus, das der an sich haltbare RFVC Motor an einer konstruktiven Eigenheit litt, die man eigentlich nur bei Britbikes vermuten würde: dem sogenannten Wetsumping (http://www.britbike.com/forums/ubbthrea ... ber=116060). Dabei ist die Ölpumpe bei verbrauchten Öl (was die sehr kurzen Ölwechselintervalle von 3000km erklärt) und/oder sehr heißem Öl nicht mehr in der Lage, den hoch im Rahmenrohr befindlichen Öltank vollständig zu füllen. In der Folge läuft der Öltank mehr oder minder leer, das Öl sammelt sich im Motorgehäuse (und macht den Trockensumpf zum Nassumpf), wird schaumig geschlagen und wird schließlich durch die Entlüftung durch den Vergaser angesaugt und verbrannt. Eine Folge ist ein abrupt ansteigender, exorbitanter Ölverbrauch von 3l/1000km und mehr, wer das nicht rechtzeitig merkte, fuhr seinen Motor innerhalb einer Tagestour trocken – mit bekannten Folgen. Im Nachhinein lässt sich spekulieren, warum Honda der Domi nicht einen neukonstruierten Motor oder wenigstens Ölkühlung spendierte - da läuft vor meinem inneren Auge folgende Szene ab

Wir schreiben das Jahr 1982 - die Honda Techniker hatten gerade den Nachfolger für die in den USA äußerst beliebte XR500 entwickelt. Neben einer erstmals verwendeten Trockensumpfschmierung (die bisherigen XL/XR hatten Nassumpfschmierung) wurde auch ein revolutionärer Radial Ventil Zylinderkopf (RFVC) eingeführt. In die letzten Abschlussarbeiten platzt dann plötzlich der
Marketing Chef "Leute, Yamaha bringt eine 600er heraus - wir brauchen schnellstens ebenfalls eine 600er Strassenenduro - nehmt einfach den XR500 Motor und bohrt ihn auf!"
Konstrukteur "äh, Cheffe - der XR Motor ist doch als Geländesportmotor konstruiert worden, der verträgt kein Dauervollgas. Außerdem benötigt er auch häufige Ölwechsel und sorgfältige Wartung. Die Geländesportler stört das nicht, die warten ihre Maschinen sowieso nach jedem Rennen. Besser wäre für eine Straßenenduro eine komplette Neukonstruktion mit Ölkühler oder besser noch Wasserkühlung, um die thermischen Reserven zu erhöhen und die Wartungsintervalle zu verlängern"
Marketing "Das wird viel zu teuer, das bekommen wir niemals verkauft. Die Yamahas sind doch sowieso schon viel billiger. Überhaupt seid ihr Techniker wieder viel zu negativ - schreibt halt entsprechende Ölwechselintervalle in die Dokumentation rein, dann paßt das schon"
Konstrukteur "Cheffe, dann sollte aber auch unbedingt in das Fahrerhandbuch der Hinweis rein, das der Motor nicht für Dauervollgas konstruiert wurde und sorgfältige Wartung benötigt, damit er hält."
Marketing "Verrückt geworden??? Das wäre ja der Marketing Supergau, zuzugeben, unsere Motoren wären nicht vollgasfest. Das passt schon, notfalls können wir Defekte dem Kunden in die Schuhe schieben"
Und so wurde es dann gemacht, die XL600R bekam den praktisch unveränderten XR500 Motor. Nicht überraschend kam es dann zu einigen Motorschäden, sogar Dauertest (siehe Test XL600 weiter oben!) Motorräder, die ja von Honda Deutschland gewartet wurden, waren davon betroffen. Auch interessant Hondas Reaktion auf diese Schäden - nicht etwa die Ölpumpe wurde verbessert, sondern die Notlaufeigenschaften der Kipphebel/Nockenwelle, damit diese auch Phasen überstehen, in der die Ölpumpe nicht fördert.
Ab 1987 wiederholte sich obige Szene, diesmal mit der NX650. Und unzählige Domi Besitzer mussten sich dann von den Händlern anhören: "selber Schuld, was fahren sie auch mit zu wenig Öl"


Trotzdem besteht kein Grund, als Domfahrer neurotisch zu werden, wer sich an wenige, eigentlich banale Regeln (http://forum.nx250.de/viewtopic.php?f=8&t=7&p=25#p25) hält und ggf. die Ölpumpe wechselt (http://www.nx250.de/oelpumpe-nx650.html) hat in der Regel wenig Probleme.
Aber zurück zu meiner Domi – nachdem ich ausgiebig geschmollt hatte, besorgte ich mir einen Teileträger als Organspender, kaufte neue Verkleidungsteile und restaurierte sie originalgetreu – denn so gefällt sie mir eigentlich am besten. Leider bin ich wenige Tage nach der Neuzulassung im Tran auf eine Dose aufgefahren, die verbotenerweise nach links abbiegen wollte. Alles war demoliert, Tank, Verkleidung, Lenker, Tacho etc … Gabel und Vorderrad sowieso. Wirtschaftlich betrachtet ein Totalschaden. Ich hatte noch nicht mal ein paar schöne Fotos gemacht, das einzige erhaltene zeigt meine Domi kurz vor der Zulassung in der Scheune (daneben wartet meine R80 auf den Anbau des Beiwagens)
Nachdem sich also nun schon zum zweiten Mal meine Domi sich ihrer Verkleidung entledigt hatte kam ich zu dem Schluss, dass sie lieber nackig fährt – da lag doch in der Scheune ein alter Max Tank herum, den ich probeweiser schon vorher mal auf den Rahmen des Teileträgers gelegt hatte – et voila, die Idee zur Domi 2.0 „Scrambler“ war geboren (modisch wurde die Scramblerei erst Jahre später, so das ich für meinen Umbau kein Vorbild hatte).
