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Gabel kürzen

Technische Fragen und Antworten, Tipps und Tricks für Profis und Bastler
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sven
Beiträge: 3524
Registriert: 23. Jan 2016
Motorrad:: Yamaha/Cagiva

Gabel kürzen

Beitrag von sven »

Das Thema "wie reduziere ich die Schräglagenfreiheit meines caferacers?" taucht
hier ja öfter mal auf und dann stellt sich sofort die Frage wie man günstigerweise
eine Gabel kürzt. Da wollt ich mal was zu schreiben.

Testweise in der Werkstatt ist das ja ganz einfach: man läßt sie oben so weit raus-
stehen bis die gewünschte Fahrzeughöhe vorn erreicht ist (wir fahren ja clipons
und sind deshalb nicht durch einen Lenker limitiert an dem die Gabelrohre dann
früher oder später anstehen). Allerdings ist das optisch nicht jedermans Sache
wenn die Standrohre über die obere Gabelbrücke rausragen zumal sie dort eigent-
lich auch zu nichts nütze sind.

Also will man das ändern. Die naheliegenste Lösung ist die Standrohre um das ge-
wünschte Maß zu kürzen. Um das vernünftig und mit vertretbarem Zeitaufwand
zu machen braucht es leider eine hinreichend große Drehbank (Spindelbohrung
größergleich Standrohrdurchmesser). Außerdem ist die Gabel dann mehr oder
weniger irreversibel gekürzt (außer man dreht sich Gabelverlängerungen die man
oben wieder einschrauben kann aber das überlassen wir lieber den Chopperfahrern).
Damit die Gabel später im Betrieb noch einigermaßen anspricht muß ferner die
Vorspannung der Gabelfedern angepasst werden, das ist aber im Allgemeinen kein Act
weil meistens Vorspannhülsen verbaut sind die man ebenfalls abdrehen kann (ganz
grob um ungefähr das Maß um das man auch die Standrohre gekürzt hat).
Eine Sache kann allerdings problematisch werden: die ungefederten Bauteile (Vorderrad,
Tauchrohre) können durch die beschriebenen Maßnahmen jetzt näher Richtung Lenk-
kopf/Gabelbrücke einfedern. Es ist aber unbedingt zu vermeiden daß der Einfederan-
schlag durch Kontakt dieser Bauteile zustande kommt, dafür ist der Hydrostop in der
Gabel zuständig und soll es tunlichst auch bleiben.
Alles in allem nicht ganz trivial.

Eine einfachere Lösung ist die Gabel im Stand weiter einsacken zu lassen. Wenn man
nämlich nur die Vorspannhülsen kürzt wird die ansonsten unveränderte Gabel unter
Belastung um eben diese Verkürzung tiefer einsinken, um sich dann federungstechnisch
ähnlich wie vorher zu verhalten. Insbesondere voll eingefedert ist das unkritischer als bei der
Lösung mit den gekürzten Standrohren weil jetzt der Hydrostop arbeitet wie bei unver-
änderter Gabel. Also genau das was wir wollen. Fast. Der Nachteil an der Sache ist na-
türlich daß sich der zur Verfügung stehende Federweg um das Maß der Verkürzung ver-
ringert hat (dafür ist die Überlappung zwischen Stand- und Tauchrohren größer geworden
was tendenziell gut ist). Das muß eventuell durch härtere Federn und straffere Dämpfung
ausgeglichen werden. Schließlich sollte man noch den entstandenen "Leerweg" im nicht
mehr genutzen oberen Teil des Federwegs eliminieren indem man den rebound-Anschlag
tiefer setzt, dazu genügt eine einfache Hülse mit der die Topendfeder verlängert wird.
Insgesamt einfacher durchzuführen und wenn's einem nicht taugt leichter wieder zu ori-
ginalisieren.

Hier nochmal eine ganz kurze Gegenüberstellung der beiden Möglichkeiten (+ = gut, - = schlecht)

Standrohr kürzen:
+ möglicherweise unveränderter Federweg
- verhältnismäßig aufwendig
- schlecht rückgängig zu machen

Vorspannung reduzieren:
+ relativ einfach durchzuführen
+ ohne größere Verrenkungen rückbaubar
- Verkürzung des Federwegs

In der Praxis wird man die besten Ergebnisse wohl oft mit einer Kombination der beiden
Maßnahmen erzielen.

So, jetzt hoffe ich auf Fragen, Anregungen, Gegenbeispiele!

Viele Grüße
Sven
Satan is my motor ...

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Jupp100
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Re: Gabel kürzen

Beitrag von Jupp100 »

K 50 RL :wink:
Gruß Stefan





In meiner Realität bin ich Realist!

BenZi
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Motorrad:: Kawasaki Z650 1983, Suzuki GSX750R 1986

Re: Gabel kürzen

Beitrag von BenZi »

Will meine Z650 auch tieferlegen, hab vom Fahrwerk aber wenig Ahnung. Habe mir jetzt einfach 2 neue Gabelholme besorgt, da kann ich auch abschneiden.

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sven
Beiträge: 3524
Registriert: 23. Jan 2016
Motorrad:: Yamaha/Cagiva

Re: Gabel kürzen

Beitrag von sven »

Jupp100 hat geschrieben:K 50 RL :wink:
Der war nicht schlecht! :mrgreen:
Ok., Gegenbeispiel können wir abhaken.
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f104wart
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Wohnort: 35315 Homberg Ohm

Re: Gabel kürzen

Beitrag von f104wart »

sven hat geschrieben:Standrohr kürzen:
+ möglicherweise unveränderter Federweg
- verhältnismäßig aufwendig
- schlecht rückgängig zu machen

Vorspannung reduzieren:
+ relativ einfach durchzuführen
+ ohne größere Verrenkungen rückbaubar
- Verkürzung des Federwegs
Wo immer es möglich ist würde ich Variante 1 bevorzugen. Vorausgesetzt natürlich, dass zwischen Tauchrohr und unterer Gabelbrücke genug Platz bleibt.

Beispiel: Boldor-Gabel, bei der die Lenkerhälften über der oberen Gabelbrücke geklemmt werden und durch Clipons zwischen der oberen und unteren Gabelbrücke ersetzt werden sollen. Die Vorspannung kann durch Kürzen der Federn/Vorspannhülsen beibehalten werden.

Das mit dem Aufwand ist relativ, je nachdem, welche Möglichkeiten man hat. Kann aber in jeder Dreherei in Auftrag gegeben werden.


(Aus)federweg begrenzen
Eine dritte und auch oft praktizierte Möglichkeit wäre noch, eine Hülse über das Dämperrohr zu schieben, so das die Gabel nicht vollständig ausfedern kann.
+ relativ einfach durchführ- und rückbaubar
- Verkürzung des Federwegs bei gleichzeitiger Erhöhung der Vorspannung (weniger Negativfederweg)

+ Im Vergleich zur Methode "Vorspannung verringern" kann diese durch Kürzen der Feder oder der Vorspannhülse "eingestellt" werden.

.

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olofjosefsson
Beiträge: 1606
Registriert: 29. Nov 2013
Motorrad:: Motobsawatriumphtonsonha......

Re: Gabel kürzen

Beitrag von olofjosefsson »

Hier Mal eine Anleitung für die XS650 mit Bildern.
Zuletzt geändert von f104wart am 8. Apr 2017, insgesamt 1-mal geändert.
Grund: Link funktionsfähig gemacht und in Text eingebunden.
Gruss und Danke,
Olof

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sven
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Motorrad:: Yamaha/Cagiva

Re: Gabel kürzen

Beitrag von sven »

f104wart hat geschrieben: Beispiel: Boldor-Gabel, bei der die Lenkerhälften über der oberen Gabelbrücke geklemmt werden und durch Clipons zwischen der oberen und unteren Gabelbrücke ersetzt werden sollen. Die Vorspannung kann durch Kürzen der Federn/Vorspannhülsen beibehalten werden.
Du hast vollkommen Recht, das ist natürlich ein Paradebeispiel für's
Kürzen der Standrohre. Der Überstand ist ja sozusagen nur eine Art
Lenkerhalterung die nicht mehr benötigt wird. Wenn dazu auch die
Vorspannhülsen entsprechend gekürzt werden bleibt die Gabel
funktional unverändert, das ist technisch vollkommen unbedenklich
und sollte auch beim TÜV verhältnismäßig problemlos durchgehen.

Ein bißchen anders sieht die Sache aus wenn z.B. eine Endurogabel
auf "Straßenlänge" gekürzt werden soll. Dann sind sowohl Federweg
als auch Gesamtlänge größer als nötig (siehe auch den DT250 Umbau
von ... ). Mal angenommen die Gabel hat 180mm Federweg und soll
um 60mm gekürzt werden, dann besteht beim Kürzen der Standrohre
wie gesagt die Gefahr daß nicht mehr der hydraulische Anschlag in
der Gabel den Federweg begrenzt sondern die Kollision Tauchrohr:
untere Gabelbrücke. Andererseits ist bei 180mm Federweg eine Verkürz-
zung auf 120mm durchaus praxistauglich und man hat dann über
Verkürzung der Vorspannhülsen und die "Ausfederbegrenzungshülse"
eine technisch einwandfreie und einfach durchzuführende Möglichkeit die
Gabel zu kürzen.

Eine dritte und auch oft praktizierte Möglichkeit wäre noch, eine Hülse
über das Dämperrohr zu schieben, so das die Gabel nicht vollständig ausfedern kann.
Ja, da hab ich mich wohl mißverständlich ausgedrückt, eben diese Hülse meinte
ich mit "rebound-Anschlag tiefersetzen". Zuerst kommen aber die gekürzten Vor-
spannhülsen, die braucht's in jedem Fall, auf die über'm Dämpferrohr kann man
für eine Probefahrt auch mal verzichten.

Viele Grüße
Sven
Satan is my motor ...

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tts
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Re: Gabel kürzen

Beitrag von tts »

Schöne Beschreibung, vielen Dank. Was mir nicht klar ist, die Gabelfedern müssen in beiden Fällen gekürzt werden? Und die Ölmenge verringert sich um das Volumen der Tieferlegung?

VG

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MichaelZ750Twin
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Re: Gabel kürzen

Beitrag von MichaelZ750Twin »

Hi tts,
in keinem der o.g. Fälle wird die Gabelfeder gekürzt, sondern nur die meistens verbaute Vorspannhülse (oben auf der Gabelfeder).
Die jeweiligen Enden der Gabelfedern sind speziell gebogen und werden abgeflacht, damit sich eine möglichst kreisrunde Auflagefläche ergibt.
Würde man die Gabelfeder an sich kürzen, würde man das speziell geformte Ende verlieren und hätte nur noch eine punktförmige, seitliche Auflagefläche, die keinesfalls wünschenswert ist.

Tja, die Ölmenge ist das eine, das sog. Luftpolster das andere.
Die Ölfüllmenge muß mindestens in der Lage sein, die Dämpferstange stets vollständig zu bedecken, ein Aufschlag von mehreren Zentimetern Füllhöhe ist sicher erforderlich, da es sich bei der Gabel um ein höchst dynamisches Bauteil handelt.
Das Luftpolster muß bei auseinandergezogenen Gabelholmen (entspräche voll ausgefedert) und eingelegter Gabelfeder mindestens dem Restfederweg entsprechen. Damit wird die Luft in der dann montierten Gabel und voll eingefedertem Zustand (Endanschlag) aber maximal komprimiert, was zu undichten Gabelsimmerringen und fontänenartigem Austritt von Gabelöl führt. Um diese zu starke Kompression zu vermeiden, muß das Luftpolster also immer größer als der Federweg sein.
Grundsätzlich gilt, das der Gabelölstand die genauere Aussage liefert als die Ölfüllmenge.
LG, Michael
"Es gibt keine richtigen oder falschen Entscheidungen – es gibt nur die in der jeweiligen Situation bestmögliche Entscheidung" (Mae Leyrer)

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sven
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Re: Gabel kürzen

Beitrag von sven »

tts hat geschrieben: Was mir nicht klar ist, die Gabelfedern müssen in beiden Fällen gekürzt werden?
War jetzt in unseren Beschreibungen nicht vorgesehen, könnte aber
evt. nötig werden wenn die Gabel um mehr als die Länge der serien-
mäßigen Vorspannhülsen gekürzt resp. tiefergelegt wird. Das war wohl
bei der XS in olofjosefssons link der Fall.
Federn abschneiden ist natürlich einfach, die Windung wieder anzulegen
eher was für Fortgeschrittene.
Und die Ölmenge verringert sich um das Volumen der Tieferlegung?
Im Prinzip ja. Man kann da aber etwas mit dem Luftpolster rumprobieren,
insbesondere wenn der Federweg verringert wird bietet sich ein etwas
kleineres Luftpolster an.

Viele Grüße
Sven
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