Hallo aus Südbayern
Verfasst: 24. Mai 2018
Hallo Zusammen,
nachdem ich jetzt schon einige Jahre angemeldet bin, sollte ich mich vielleicht auch mal vorstellen. Mein Name ist Michl - gerade sitze ich in einem Cafe, schaue auf die Strecke, und bin wegen fehlender Ersatzteile gegroundet. Habe also Zeit......
Mein Baujahr ist 1961, seit meinem zwölften Lebensjahr bin ich vom Motorrad-Bazillus infiziert. Neben dem (Bei-)Fahren hat mich schon damals die Technik interessiert. Mit dreizehn habe ich den ersten Motor zerlegt, und auch wieder mit viel, viel Glück so zusammen gebaut, dass man damit noch fahren konnte. War aber ein 150er Zweitakter mit wenigen beweglichen Teilen. Mit sechzehn dann die damals obligatorischen 50er als Tuningobjekt. Mit 18 saß ich auf einer Suzuki GT250 und fahre erstmals mit einer (Zweitakt)Rakete und 32PS über Alpenpässe. Kurz darauf eine Suzuki GS750E.
Das Fahrverhalten der damaligen Motorräder krankte fast immer am Fahrwerk. Damals war ein Sportmotorrad "von der Stange" abgesehen von komplett - technisch wie finanziell - abgehobenen Exoten wie MV Agusta vollkommen unbekannt. Die aus heutiger Sicht eher bei "Low Tech" einzuordnenden EGLI-Geräte hielten wir für das Non-plus-ultra. Ich träumte von einem Kardan-Sportmotorrad - mir war die Kette immer total anachronistisch erschienen - mit einem Zentralrohrrahmen. Also einer EGLI mit Reihenvierzylinder und Wellenantrieb. Gab es aber nirgendwo.
1980 brachte Yamaha den mit 358mm schmalsten Reihenvierer mit ausreichend Leistung und Kardan auf den Markt. In meiner grenzenlosen Einfalt habe ich mich dann entschlossen, mein Traummotorrad selbst zu bauen. Wenn ich gewusst hätte, was das bedeutet, hätte ich es sein lassen. Mir war allerdings klar, dass ich mich zwar mit vielen Jahren Latein herumgeplagt hatte, aber von den entscheidenden Fertigkeiten für den Bau eines Motorradrahmens - mit oder ohne Zentralrohr - einfach zu wenig wusste.
Die Literatur zum Thema war schon damals dünn oder nicht vorhanden. Also habe ich versucht möglichst viel Wissen von Insidern abzusaugen, die es erst mal zu finden galt. Für die jüngeren unter uns: Die Telefone hatten Wählscheiben, zum Verschicken einer "mail" hat man Briefmarken benötigt, und Google oder das Internetz waren weiter weg als der Mond.
Dagegen konnte man in der früher technik-lastigen (auch vorbei) PS-Zeitung bisweilen mal eine Reportage über Eigenbauer lesen. Ein Name tauchte dabei immer wieder auf: Werner L. aus der Nähe von Wertheim. Also bin ich einfach mal in den Ort gefahren, hab mich durchgefragt und an der Haustür geklopft. Der "Altmeister" hat sich stundenlang Zeit genommen, und mir seine Eigenbau-Motorräder und sein Teilelager gezeigt. Darunter auch eine Doppel-Duplex-Bremsnabe von Friedel Münch - ich dachte mir damals was soll der alte Schrott, an mein Motorrad kommen nur Scheibenbremsen. Heute würde ich die in eine Vitrine packen, wenn sie nicht an irgendeinem Motorrad wäre.
Aber ich habe trotzdem einige Ideen mitgenommen, auch weil ich natürlich seinen Worten gelauscht habe, als wäre das wenigste was er verkündet das Markus-Evangelium. Jedenfalls hat er mir einen bestimmten Stahl aus dem Flugzeugbau, aus dem auch nahtlos gezogenes Rohr gefertigt wird, empfohlen. Aus seinem Mund war das für mich natürlich Gesetz. Der Stahl oder keiner. Die Beschaffung sollte ganz schön schwierig werden. Überhaupt - auch da gab es keine Suchmaschine - in der Rückschau erscheint es mir selbst unglaublich, dass damals fast alles über die "Wer-liefert-was?"-Bibel lief.....
Freunde, die metallverarbeitende Berufe wie Werkzeugmacher, Dreher oder Schweißer erlernt haben bzw hatten, haben mit ihrem Wissen weitergeholfen. Als es dann ernst wurde, hat mir mein Großvater, ein Schlosser- und Büchsenmacher-Meister einen Platz in seiner Firma überlassen, und mir gezeigt wie man eine Feile hält. Rahmenlehre zeichnen, Material zurichten, schweißen, fräsen und bohren. Dann Rahmen bauen.
Jetzt kürze ich mal ab:
Das Motorrad lief irgendwann. Der Rahmen und der Tank waren handwerklich nicht schlecht, die Gabel, Schwinge und Räder erst mal aus der XJ650, der Eigenbau-Rest - auch aus finanziellen Gründen - ein wenig einfach gemacht oder - aus heutiger Sicht - sogar gepfuscht. Wenn ich an die Elektrik denke - nur zum Schämen. Trotzdem ging es dann 1981 zum TÜV. Da wurde ich dann mit den Begriffen Wöhler-Linie , Smith-Diagramm und Schweißgutachten - dass ich wiederum mitbringen konnte - konfrontiert und die Abnahme des Rahmens verweigert.
Um den Ingenieur-Slang zu verstehen und auch vollumfänglich mitreden zu können, habe ich meinen Traum vom Historiker aufgegeben und mich im Maschinenbau eingeschrieben. Der zweite Version des Rahmens war 18 Monate später fertig, und nach drei Vorführungen gab es einen Brief mit meinem Namen in der Rubrik "Hersteller".
Ich hoffe damit jetzt keinen gelangweilt zu haben, aber es muss ja keiner bis hierher lesen.....und meine Teile sind angeblich im Zoll hängengeblieben
Michl
Hier noch einmal ein Bild - man beachte den Ölkühler, die 19"(!)-Vorderradfelge und die Fußrastenplatten mit "Leichtbau by Bohrmaschine"
nachdem ich jetzt schon einige Jahre angemeldet bin, sollte ich mich vielleicht auch mal vorstellen. Mein Name ist Michl - gerade sitze ich in einem Cafe, schaue auf die Strecke, und bin wegen fehlender Ersatzteile gegroundet. Habe also Zeit......
Mein Baujahr ist 1961, seit meinem zwölften Lebensjahr bin ich vom Motorrad-Bazillus infiziert. Neben dem (Bei-)Fahren hat mich schon damals die Technik interessiert. Mit dreizehn habe ich den ersten Motor zerlegt, und auch wieder mit viel, viel Glück so zusammen gebaut, dass man damit noch fahren konnte. War aber ein 150er Zweitakter mit wenigen beweglichen Teilen. Mit sechzehn dann die damals obligatorischen 50er als Tuningobjekt. Mit 18 saß ich auf einer Suzuki GT250 und fahre erstmals mit einer (Zweitakt)Rakete und 32PS über Alpenpässe. Kurz darauf eine Suzuki GS750E.
Das Fahrverhalten der damaligen Motorräder krankte fast immer am Fahrwerk. Damals war ein Sportmotorrad "von der Stange" abgesehen von komplett - technisch wie finanziell - abgehobenen Exoten wie MV Agusta vollkommen unbekannt. Die aus heutiger Sicht eher bei "Low Tech" einzuordnenden EGLI-Geräte hielten wir für das Non-plus-ultra. Ich träumte von einem Kardan-Sportmotorrad - mir war die Kette immer total anachronistisch erschienen - mit einem Zentralrohrrahmen. Also einer EGLI mit Reihenvierzylinder und Wellenantrieb. Gab es aber nirgendwo.
1980 brachte Yamaha den mit 358mm schmalsten Reihenvierer mit ausreichend Leistung und Kardan auf den Markt. In meiner grenzenlosen Einfalt habe ich mich dann entschlossen, mein Traummotorrad selbst zu bauen. Wenn ich gewusst hätte, was das bedeutet, hätte ich es sein lassen. Mir war allerdings klar, dass ich mich zwar mit vielen Jahren Latein herumgeplagt hatte, aber von den entscheidenden Fertigkeiten für den Bau eines Motorradrahmens - mit oder ohne Zentralrohr - einfach zu wenig wusste.
Die Literatur zum Thema war schon damals dünn oder nicht vorhanden. Also habe ich versucht möglichst viel Wissen von Insidern abzusaugen, die es erst mal zu finden galt. Für die jüngeren unter uns: Die Telefone hatten Wählscheiben, zum Verschicken einer "mail" hat man Briefmarken benötigt, und Google oder das Internetz waren weiter weg als der Mond.
Dagegen konnte man in der früher technik-lastigen (auch vorbei) PS-Zeitung bisweilen mal eine Reportage über Eigenbauer lesen. Ein Name tauchte dabei immer wieder auf: Werner L. aus der Nähe von Wertheim. Also bin ich einfach mal in den Ort gefahren, hab mich durchgefragt und an der Haustür geklopft. Der "Altmeister" hat sich stundenlang Zeit genommen, und mir seine Eigenbau-Motorräder und sein Teilelager gezeigt. Darunter auch eine Doppel-Duplex-Bremsnabe von Friedel Münch - ich dachte mir damals was soll der alte Schrott, an mein Motorrad kommen nur Scheibenbremsen. Heute würde ich die in eine Vitrine packen, wenn sie nicht an irgendeinem Motorrad wäre.
Aber ich habe trotzdem einige Ideen mitgenommen, auch weil ich natürlich seinen Worten gelauscht habe, als wäre das wenigste was er verkündet das Markus-Evangelium. Jedenfalls hat er mir einen bestimmten Stahl aus dem Flugzeugbau, aus dem auch nahtlos gezogenes Rohr gefertigt wird, empfohlen. Aus seinem Mund war das für mich natürlich Gesetz. Der Stahl oder keiner. Die Beschaffung sollte ganz schön schwierig werden. Überhaupt - auch da gab es keine Suchmaschine - in der Rückschau erscheint es mir selbst unglaublich, dass damals fast alles über die "Wer-liefert-was?"-Bibel lief.....
Freunde, die metallverarbeitende Berufe wie Werkzeugmacher, Dreher oder Schweißer erlernt haben bzw hatten, haben mit ihrem Wissen weitergeholfen. Als es dann ernst wurde, hat mir mein Großvater, ein Schlosser- und Büchsenmacher-Meister einen Platz in seiner Firma überlassen, und mir gezeigt wie man eine Feile hält. Rahmenlehre zeichnen, Material zurichten, schweißen, fräsen und bohren. Dann Rahmen bauen.
Jetzt kürze ich mal ab:
Das Motorrad lief irgendwann. Der Rahmen und der Tank waren handwerklich nicht schlecht, die Gabel, Schwinge und Räder erst mal aus der XJ650, der Eigenbau-Rest - auch aus finanziellen Gründen - ein wenig einfach gemacht oder - aus heutiger Sicht - sogar gepfuscht. Wenn ich an die Elektrik denke - nur zum Schämen. Trotzdem ging es dann 1981 zum TÜV. Da wurde ich dann mit den Begriffen Wöhler-Linie , Smith-Diagramm und Schweißgutachten - dass ich wiederum mitbringen konnte - konfrontiert und die Abnahme des Rahmens verweigert.
Um den Ingenieur-Slang zu verstehen und auch vollumfänglich mitreden zu können, habe ich meinen Traum vom Historiker aufgegeben und mich im Maschinenbau eingeschrieben. Der zweite Version des Rahmens war 18 Monate später fertig, und nach drei Vorführungen gab es einen Brief mit meinem Namen in der Rubrik "Hersteller".
Ich hoffe damit jetzt keinen gelangweilt zu haben, aber es muss ja keiner bis hierher lesen.....und meine Teile sind angeblich im Zoll hängengeblieben
Michl
Hier noch einmal ein Bild - man beachte den Ölkühler, die 19"(!)-Vorderradfelge und die Fußrastenplatten mit "Leichtbau by Bohrmaschine"