I had a dream...
Verfasst: 9. Sep 2020
Moin.
Obwohl kein "Cafe-" und erst recht kein Lifestyle-Thema (dafür um sehr mehr "Motorrad" und "Racer"), erzähle ich auf Wunsch eines Einzelnen hier diese Geschichte. Mein Traum war sicherlich nicht so moralisch hochwertig wie der von Dr. King - aber ich bin ja auch nur ein kleiner Mann und kein berühmter Revoluzzer...
Im Sommer 1984, bei einem Suzuki-Vertragshändler im Oberbergischen Land:
Der zwar nicht mehr ganz kleine, aber auch noch nicht völlig ausgewachsene Markus tritt sein in der 8. Klasse der Regalschule zu absolvierendes Pflichtpraktikum an. Obwohl er erst 14 Lenze auf dem Tacho hat, ist er schon vollkommen und unwiderruflich mit dem Motorradvirus verseucht – ausgelöst durch das ein oder andere Kindheitserlebnis und die Mofa/Mokick/80er-Karriere der älteren Brüder.
Neben dem Verrichten einfacher Dienste wie dem Putzen der Motorräder im Ausstellungsraum und der Zerlegung eines Unfallmotorrads lauscht er andächtig, wenn der Chef mit Kunden über die in diesem Jahr vorgestellte GSX-R 750 referiert. 100 PS bei 200 kg! Die Supersportwelt ist begeistert. Am Ende der Diskussionen senkt der Chef allerdings jedes Mal die Stimme und weist den Kunden darauf hin, dass das eigentlich schon wieder kalter Kaffee ist, wenn die RG 500 kommt. 95 PS auf 180 kg – mit einem Motor, der direkt aus der im GP sehr erfolgreichen RGB 500 stammt. Barry Sheene lässt grüßen. Die Pickelfresse, die hinten in der Werkstatt an einer GN 250 herumfummelt, bekommt Gänsehaut.
Ein Jahr später, auf dem Rücksitz eines Golf 1 Diesel, ebenfalls im Oberbergischen:
Aus der Rückscheibe beobachtet unser Kandidat, wie sich von hinten ein Krad nähert – schnell nähert. Hm. Sehr schmale Silhouette, Jetta-Scheinwerfer…das muss sie sein! „Papa kuck mal! Hinter uns ist eine RG 500 Gam…“ weiter komme ich nicht. Der Reiter der Gamma hat während des Auflaufens auf uns beim Anbremsen zweimal zurückgeschaltet und während des kleinen Schlenkers, mit dem er die Gegenspur entert, die vier 28er-Flachschieber auf FullFlat gestellt. Als ich aus dem hinteren Seitenfenster starre, kann ich das Gesamtkunstwerk eines perfekt integrierten Piloten in die RG, deren 16-Zoll Vorderrad dreißig Zentimeter über dem Boden schwebt, mit meinen weitaufgerissenen Augen quasi fotografieren und für immer auf der Festplatte zwischen meinen Ohren einbrennen. Dann ist sie weg – einfach so – und ein unvergleichlich lieblicher Duft nach verbranntem Rizinusöl breitet sich im Inneren unseres Golf aus. Damals verfügten Fahrzeuge zum Glück noch nicht über einen Innenraumfilter.
„Warum müssen die eigentlich immer so schnell fahren?“ beschwerte sich meine Mutter vom Beifahrersitz aus. Ich weiß es nicht. Meine Erklärungsversuche damals, dass der Mann vermutlich einen dringenden Termin hatte und spät dran war oder für seine kranke Frau schnell Medikamente aus der Apotheke holen musste, überzeugten meine Mutter jedenfalls nicht.
Das visuelle und akkustische Gesamterlebnis der überholenden Gamma sollte mich fortan für die nächsten 35 Jahre begleiten. Bis zum 08.09.2020 um 17:00 Uhr, um genau zu sein. Was an diesem Tag passierte, erzähle ich denen, die jetzt auch ein bisschen Gänsehaut haben, in Teil II.
Habe die Ehre,
Markus
Obwohl kein "Cafe-" und erst recht kein Lifestyle-Thema (dafür um sehr mehr "Motorrad" und "Racer"), erzähle ich auf Wunsch eines Einzelnen hier diese Geschichte. Mein Traum war sicherlich nicht so moralisch hochwertig wie der von Dr. King - aber ich bin ja auch nur ein kleiner Mann und kein berühmter Revoluzzer...
Im Sommer 1984, bei einem Suzuki-Vertragshändler im Oberbergischen Land:
Der zwar nicht mehr ganz kleine, aber auch noch nicht völlig ausgewachsene Markus tritt sein in der 8. Klasse der Regalschule zu absolvierendes Pflichtpraktikum an. Obwohl er erst 14 Lenze auf dem Tacho hat, ist er schon vollkommen und unwiderruflich mit dem Motorradvirus verseucht – ausgelöst durch das ein oder andere Kindheitserlebnis und die Mofa/Mokick/80er-Karriere der älteren Brüder.
Neben dem Verrichten einfacher Dienste wie dem Putzen der Motorräder im Ausstellungsraum und der Zerlegung eines Unfallmotorrads lauscht er andächtig, wenn der Chef mit Kunden über die in diesem Jahr vorgestellte GSX-R 750 referiert. 100 PS bei 200 kg! Die Supersportwelt ist begeistert. Am Ende der Diskussionen senkt der Chef allerdings jedes Mal die Stimme und weist den Kunden darauf hin, dass das eigentlich schon wieder kalter Kaffee ist, wenn die RG 500 kommt. 95 PS auf 180 kg – mit einem Motor, der direkt aus der im GP sehr erfolgreichen RGB 500 stammt. Barry Sheene lässt grüßen. Die Pickelfresse, die hinten in der Werkstatt an einer GN 250 herumfummelt, bekommt Gänsehaut.
Ein Jahr später, auf dem Rücksitz eines Golf 1 Diesel, ebenfalls im Oberbergischen:
Aus der Rückscheibe beobachtet unser Kandidat, wie sich von hinten ein Krad nähert – schnell nähert. Hm. Sehr schmale Silhouette, Jetta-Scheinwerfer…das muss sie sein! „Papa kuck mal! Hinter uns ist eine RG 500 Gam…“ weiter komme ich nicht. Der Reiter der Gamma hat während des Auflaufens auf uns beim Anbremsen zweimal zurückgeschaltet und während des kleinen Schlenkers, mit dem er die Gegenspur entert, die vier 28er-Flachschieber auf FullFlat gestellt. Als ich aus dem hinteren Seitenfenster starre, kann ich das Gesamtkunstwerk eines perfekt integrierten Piloten in die RG, deren 16-Zoll Vorderrad dreißig Zentimeter über dem Boden schwebt, mit meinen weitaufgerissenen Augen quasi fotografieren und für immer auf der Festplatte zwischen meinen Ohren einbrennen. Dann ist sie weg – einfach so – und ein unvergleichlich lieblicher Duft nach verbranntem Rizinusöl breitet sich im Inneren unseres Golf aus. Damals verfügten Fahrzeuge zum Glück noch nicht über einen Innenraumfilter.
„Warum müssen die eigentlich immer so schnell fahren?“ beschwerte sich meine Mutter vom Beifahrersitz aus. Ich weiß es nicht. Meine Erklärungsversuche damals, dass der Mann vermutlich einen dringenden Termin hatte und spät dran war oder für seine kranke Frau schnell Medikamente aus der Apotheke holen musste, überzeugten meine Mutter jedenfalls nicht.
Das visuelle und akkustische Gesamterlebnis der überholenden Gamma sollte mich fortan für die nächsten 35 Jahre begleiten. Bis zum 08.09.2020 um 17:00 Uhr, um genau zu sein. Was an diesem Tag passierte, erzähle ich denen, die jetzt auch ein bisschen Gänsehaut haben, in Teil II.
Habe die Ehre,
Markus