Starkes Kunstleder gesucht

[Zissel]

Danke, das klingt doch schon mal prima : ) Da juckt es mich ja fast schon, so ein Projekt mal anzugehen. Ich fürchte allerdings auch, dass die Baustelle größer wird als zunächst gedacht, ist so eine Sitzbank erstmal auseinandergerissen. Nach 30-50 Jahren darf man glaube ich getrost von einem bröseligen Schaumstoffkern ausgehen. Und dann wird es vermutlich lustig: die Oberseite kann man vielleicht abtragen, neues Material aufkleben und in Form hobeln. Spannend wird es aber bei der Unterseite als exaktem Negativ der Grundplatte. Brösel gibt's da ja gerne an der dünnen seitlichen Überlappung der Platte, m.a.W. an der Unterkante der Sitzbank .. wo sich Macken besonders deutlich durch den schicken neuen Bezug drücken..

Mit Reprobezügen habe ich selbst keine Erfahrung, nur ein Originalteil von Yamaha hab ich mal aufgezogen. Das war aber auch schon Käse, weil das Logo am Hinterteil schief aufgedruckt war. Die haben damals aber ohnehin gern optische B-Ware als Ersatzteile verkauft. Gute Erfahrung habe ich allerdings mit kompletten Reprobänken, zumindest bei der XS. Zwei davon sind seit Jahren in Benutzung, da gibt es echt nix zu meckern.

Nachtrag: klasse Link, danke Bernd

[Englandtobi]

Schaumstoff kann man relativ gut instandsetzen, auch schleifen aber es ist ein riesen Dreck. Zum verkleben bitte guten Kontaktkleber nehmen, wie Dekafix extra. Ich schleife Schaumstoff mit einer regelbaren Flex und Klett Schleifscheiben auf kleinster Stufe, aber das braucht echt Übung, wenn sich die Flex im Schaum fängt tut das richtig weh, ist aber im Prototypenbau trotzdem ne übliche Methode. Braucht aber viel viel Übung, Vorsicht. Erst Mal würde ich den alten Kern fest mit dem Chassis verkleben, und am Rand auf null schleifen, dann die Oberflächen glätten, falls große Partien weg müssen erst mit dem Messer vorarbeiten, mit der Flex glätten dann neuen Schaum drauf und wieder alle Übergänge schleifen und glätten. Als Profi ca 0,5-1,5 h als Laie am besten einen Tag am Wochenende einplanen. Für eine schöne Oberfläche am besten am Ende über die komplette Bank eine Schicht 5mm Schaum, dann wird alles homogen.

[Zissel]

Du meinst final eine 5mm Schaumstofflage mit geringster Dichte aufkleben?

[mrairbrush]

Zum Thema Reprobezug: alle die ich in meinen 27 Jahren als Sattler in der Hand hatte waren eigentlich Mist. Entweder wirklich billiges Material, schön genäht war keiner, und gepasst haben sie auch nur bedingt. Lustig, reklamieren darf man meistens nur, solange keine Montagespuren vorhanden sind.....
In neunzig Prozent der Fälle hätte man für annähernd den selben Preis etwas ordentliches aus qualitativ gutem Material gemacht.
Übrigens, Vorsicht, wenn Kunstleder mit der aktuellen Mercedesnarbung angeboten wird. Das Originalzeug ist inflationär auf dem Markt, da es hier ein Problem mit dem Weichmacher gibt, auf dem Motorrad bekommt es nach spätestens zwei Jahren Risse und wird hart. Nicht eine Woche vergeht, in der nicht ein Sitz aus irgendeiner c oder e-klasse kommt. Wir haben das Zeug auch in der Werkstatt aber ich verkaufe es definitiv keinem Biker. Viele Händler und Sattler wollen es einfach los werden.....

Bei den heutigen Produktlebenszyklen ist klar das die das nicht mehr ausreichend testen und dann plötzlich feststellen das der eingesetzte Weichmacher nix taugt. Ist nicht nur beim Kunstleder so sondern zieht sich wohl fast durch alle Produkte bei denen Umweltschutz eine Rolle spielt. Ich habe bei mir so ein Bielstisches Kunstleder eingesetzt weil ich keine Lust zum nähen hatte. Sitzbank hat vorne einen ansteigenden Teil. Ging gut und bisher hält es. Habe ich bei einem Sattler im Netz gekauft. Kleber usw. kaufe ich bei einem Orthopädieschuhmacher. Das Zeug das via I-Net vertrieben wird ist Müll. Erst wenn man einen Sachkundenachweis braucht kann man davon ausgehen das es besser ist. Bei Kunstleder ist das sicher nicht der Fall aber da sollte man jemand fragen der Ahnung hat. Danke für den Tipp mit der C-Klasse.
Die haben noch ganz andere Probleme ausser nur Kunstleder.
Schaum ist auch ncht gleich Schaum. Die Automobilhersteller setzen ja auch so einen zusammengefledderten als Unterbau ein.
Da wären ein paar Bezugsquellen auch hilfreich. Will dem demnächst mal eine Eckbankgruppe in einem Besucherzimmer neu polstern. Soll ne Weile halten.

[Englandtobi]

Du meinst final eine 5mm Schaumstofflage mit geringster Dichte aufkleben?

Ja, genau, das kaschiert etwas Klebekanten und Unebenheiten. Vor allem Reparaturstellen im Schaumkern sieht man sonst gerne im Bezug in Schlaglicht durch.

[Bollermann]

Wo wir denn jetzt schon mal einen richtigen Fachmann da haben:

Ich wollte den alten Originalbezug auftrennen, mäßig glattbügeln und als Schnittmuster benutzen.
Das habe ich schon mal mit alten Autositzen gemacht. Für Dich war das Ergebnis sicher eine Katastrophe, aber mir hat es damals gereicht.

Interessanter ist aber die Polsterung der BMW-Sitzbank.
Die hat sich in fast 70 Jahren ja gesetzt. Nicht nur durch das drauf Sitzen, sondern auch durch den permanenten Zug des Bezuges.
Ich gehe mal davon aus, daß der nackte Schaumkern ohne Bezug damals, bei der Produktion, nicht nur voluminöser war als das, was ich jetzt auf der Werkbank liegen habe, sondern auch eine etwas andere Form hatte, die erst durch den Bezug in die richtige Kontur gepresst wurde.

Das heißt jetzt aber im Umkehrschluß, daß, wenn ich den vorhandenen alten Schaumkern einfach 1:1 nachbaue, hinterher eine schlaffe und unförmige Angelegenheit bekomme, weil der neue Kern sich dann ja auch wieder setzt. Unter dem Niveau von dem alten.

Wie würdest Du da vorgehen, um so eine Bank neu aufzubauen, damit die Originalform des Auslieferungszustandes wieder hergestellt wird?

[Englandtobi]

Ich denke, das Beste ist, wenn ich euch Mal einen Neubezug mit Bildern dokumentiere. Ich werde dafür ein extra Thema aufmachen, aber das kann wg Fotos etc. sicher noch ein zwei Wochen dauern.

[Bollermann]

Das fände ich toll.
Pressiert bei mir auch nicht.

[mrairbrush]

Schaumstoff mit der Flex zu bearbeiten hört sich interessant an. Auch eine Idee. Muss die Scheibe wohl ziemlich grob und scharf sein und dann mit wenig Druck und viel Gefühl denke ich mal. Mit einer drehzahlregulierten Poliermaschine (ist ja auch nix anderes als ne Flex) müsste das auch gut gehen. Schon mal selber Schaum hergestellt? In Form?

[Bollermann]

Ja, habe ich früher mal.
Das Zeug nannte sich "Integral-Schaum" (von Voss-Chemie in Uetersen, glaub ich).
Das war eine Mischung aus zwei Komponenten, die sich beim Reagieren stark erwärmt hat und deshalb in der Mitte viel stärker aufgeschäumt ist als im Außenbereich.
An der Formoberfläche sogar gar nicht; da bildete das Harz eine glatte geschlossene Oberfläche.
Damit konnte man Armaturenbretter und auch Motorradsitzbänke in einem Rutsch schäumen, die man nicht mehr beziehen mußte.
Da waren die Lederstruktur und sogar die Nähte in der Form mit drin.

Sieht man gelegentlich noch an älteren Mofasitzen, die gebrochen sind.
Da ist dann kein Buzug drauf, sondern das Teil ist aus einem Stück mit einem eingeschäumten Metallträger für die Stabilität unten drin.

Ich meine, diese brettartigen Sitzbänke der 70er Jahre von Moto Guzzi (TS 250 u.ä.) wären auch so hergestellt gewesen.