Lasst mich ganz kurz erklären wie es dazu kam, dass ich meine alte Kuh durch die schottischen Highlands getrieben habe.
Als ich der besten Sozia der Welt zum letzten Mal die Linke zum Gruß geben durfte, habe ich ihr versprochen für sie einmal in ihr geliebtes Schottland zu fahren….

Loch Lomond – Am dem See, den Runrig in ihren Liedern besingen, einen Steinturm zu bauen, damit alle sehen können, dass sie ein Mal in Schottland war. Und für sie einmal auf der Isle of Skye über den Atlantik zu schauen….
…. All das hatten mich bewegt in ein Land zu fahren, in dem ich ganz alleine unterwegs auf einsamen Straßen, fernab der Heimat und mit absoluter Sicherheit immer wieder nass werden würde.
Vorab, es war meine bisher schwerste Reise und dennoch auch gleich meine schönste Reise auf der ich viel mehr mitgebracht als ich dort gelassen habe.
Naja ganz so blauäugig ist der olle Indsman ja nicht und hatte dann ein halbes Jahr im Voraus die Fahrt insoweit geplant, als dass ich die Fähre und die Bed & Breakfest Übernachtungen gebucht habe. Mir Routen rausgesucht und auf mein steinaltes TomTom Navi geladen hatte… Mit Karten kann ich als alternder Indianer nicht mehr fahren, da das Augenlicht auf die kurze Entfernung zum Tankrucksack mir viele Streiche spielt und so ne Karte dann ausschaut wie ein Gemälde von Miro oder das Schnittmuster aus ner Burda Modezeitung…. Aber es soll ja auch angeblich die Vorfreude enorm steigern, wenn man sich auf so ne Reise etwas vorbereitet.
Ja auch die Kuh bekam neue Vorder- und Hinterhufe, da meine Pellen schon ziemlich runter waren und ich mit ca. 4000 km rechnete, aber die Trennscheiben nicht mehr solange hielten… gut gut, nach dem Ölstand habe ich auch noch geschaut und mal einen halben Liter aufgefüllt…
Ach ja und bei Polo noch nen neuen Tankrucksack gekauft… der alte verratzte Koffer, den ich seit vielen Jahren mitschleppe meinte den Reißverschluss abwerfen zu müssen. Der Verkäufer beim Zubehörladen meinte auf meine Frage nach nem ordentlichen Tankrucksack für die Schottland Tour, dass wohl ein solcher nicht ausreichen würde… was ein Quatsch. Alles was da net reinpasst, ist eh überflüssig oder? Hey ich fahr mit Lederjeans und Cowboystiefel… also reicht eine Hose und Schuhe hab ich an, für jeden 3 Tag ne frische Unterbuz, Socken und ein Wechsel T-Shirt…. Etwas Kulturbeutelzeugs und die Elektroniksachen wie USB Versorgung für Handy, Navi und MP3 Player.
Nach einem blöden Erlebnis irgendwo im Siegerland an einem schönen Sonntag mit platten Hinterreifen sind seither immer 2 Schläuche und ne Luftpumpe am Moped dabei… und mein kleiner Drache zum Fliegen am Atlantik kam auch noch ans Moped.
Die Fähre wartet

Dann ab nach Holland, der geilsten Stadt der Welt…. aber net für Mopedfahrer… das ist echt ätzend, genauso wie am Niederrhein entlang – überall 70 und in Holland 60. Da ich die Autobahnen nicht fahre, musste ich auf die Nationalstraßen ausweichen… hab ich schon mal erwähnt, ich hasse „Trempels“… und die Nebenstrecken … ich glaub ich erfind in Holland mal Wegweiser auf den Nebenstrecken. Kann es sein, dass weil Holland so klein ist, die sich dort alle auskennen auf ihren Straßen? Ich jedenfalls nicht, und so kreuzte ich mal gegen und mal quer zu Regen der sich mit der Sonne abwechselte bis Amsterdam und weiter nach IJmuiden zum Hafen und der Fähre.
Man munkelt in Schottland wäre der Sprit so teuer – stimmt auch, also kurz vor der Fähre nochmals an ne Tanke und das Spritfass gefüllt. Apropos Sprit und Schottland… ich musste erfahren, dass es sehr viele Ammenmärchen gibt über die Spritversorgung in den Highlands… im Nachhinein vermute ich dass es von denen die dort waren und wieder hinwollen bewusst so erzählt wird, damit andere abgeschreckt werden und nicht die Single Track Roads zuparken.
Meine Erfahrung ist, dass spätestens nach 60-70 km irgendwo ne Zapfsäule rumsteht.
Aber zurück nach Holland… zum Check-In soll ich gehen kurz nach 15:00 Uhr… nur auch dort keine Schilder und ich kenn ja Check-Ins vom Fliegen her… kein Schalter oder sowas… hmm wat nu? Ahhhh ne Horde Schotten auf Mopeds, offensichtlich auf der Heimreise… die kamen ja schon mal von so ner Fähre, die könntens wissen. Also nix wie hinten an die neumodischen 12er GSn gehängt und sie wurden fündig…

Geschafft, die Kuh sicher im Bauch des Stahlriesen verzurrt. Ja man muss das selber machen, aber es hängen Zurrgurte von der Wand und es sind Stahlseile am Boden und Ösen, an denen man das Moped anbinden kann.

Die Überfahrt nach Newcastle upon Tyne war sehr kurzweilig… Essen war lecker und das Frühstück reichhaltig. Würde aber nicht mehr im Vorab Buchen, ist zu teuer, denn auf dem Schiff gibt es einige Restaurants und man kann für weniger auch satt werden. Irgendwann fand ich eine Bar in der ein Barde Lieder aus den 70ern und 80ern spielte. Genau meine Welt. Da der Seegang über Nacht geringfügig rauer wurde standen morgens viele Mitreisende an der Reling und fütterten die Fische während ich mir die Rühreier mit Lachs schmecken lies und meinen Granatapfeltee genoss.
Die Teletubbies
Endlich Land in Sicht… England pfeift auf das Schengen Abkommen und man muss durch eine Passkontrolle… gut, geht schnell und die Leute sind sehr freundlich.
Man gewöhnt sich eigentlich mit dem Moped sehr schnell an den Linksverkehr und man merkt nicht, dass man 50 Jahre die falsche Straßenseite benutzt hat und plötzlich auf der richtigen fahren muss. Links um den Kreisel geht klasse und die Leute auf der Insel können das – im Gegensatz zu uns Deutschen sogar.
Dann im zweiten Kreisverkehr nach der Fähre verabschiedet sich mein Navi mit sanftem Ruck verteilt sich Halter und Navi auf der Straße. Ein mir folgender Einheimischer fährt direkt über den Halter und jagt das Navi an die Randsteinkante… klasse zum Glück waren alle Routen und B&B Adressen dort verzeichnet. Aber der Brite bietet mir seine Hilfe an und lotst mich zur 5 Meilen entfernten Bank. Danke an meinen Kollegen Horst, der mir ne Woche vorher noch ein Navisystem aufs Handy packte, die Karte von Schottland dazu und meine Routen auch. Nur musste ich 100 mal am Tag feststellen: Navigieren mit Handy ist einfach Scheiße.
Aber irgendwann stand ich dann vor diesen wunderschönen Schild in herrlicher Landschaft:

Ein klasse Gefühl, dort angekommen zu sein wo man hinwill und wo die eigentliche Reise anfängt. Ja der Norden Englands und entlang des Hadrianswalls ist reizvoll zu fahren und es sind grüne Hügel mit kleinen Straßen.
In den Lowlands fand ich herrliche Sträßchen durch eine Landschaft, die ausschaut wie das Teletubbie Land… nur keine Teletubbies, sondern Schafe… überall Schafe und kleinste Sträßchen mit Ausweichstellen. Irgendwann dachte ich mal an eine Tanke, aber Teletubbies brauchen wohl kein Benzin. Am späten Nachmittag traf ich zwei Mopedfahrer und fragte nach der nächsten Tankstelle.. Sie nahmen mich ein Stück des Weges mit, machten dann aber an einem Mopedtreff halt, den ich aufgrund der vorangeschrittenen Uhrzeit und der noch zurückzulegenden Wegstrecke beiseite lies.
Das Versprechen
Mit gefülltem Tank giengs dann über Glasgow zum wunderschönen Loch Lomond. Dort wollte ich ja einen Steinturm bauen. Stellte meine Kiste ans Ufer und genoss den Ausblick.

Genügend Steine um zu bauen waren auch vorhanden. So suchte ich mir ein ruhiges Plätzchen und gedachte der Jahre als ich noch mit Sozia fahren durfte. Die warmen Sonnenstrahlen schickte bestimmt Sabine von oben.

Jetzt kann wenigstens ihr Bild auf diesen wunderschönen See blicken und ich weiß, sie war eigentlich immer mit auf der Reise… wer mein Moped sieht, der stellt fest, dass die hinteren Fußrasten immer unten sind… ihr Platz eben.
Nach einem kurzen Smalltalk mit fünf sehr netten Parkrangern sollte ich noch eine Lektion lernen… nachdem ich erleben konnte, dass das Aus meines Navis mich nicht hindern sollte meine Reise fort zusetzen, stellte ich nach 2 km Fahrt fest, dass es meiner Kuh an Vortrieb mangelt. Der Motor drehte hoch und das Getriebe ließ sich schalten. Mein erster Gedanke an des Gelenk des Kardans war falsch… also Moped abstellen und prüfen was es sein kann. Das Hinterrad ließ sich frei drehen obwohl ein Gang eingelegt war – blöd. Also runter mit dem Rad und schauen was ist….

Da ich erst zwei Tage vorher neue Reifen draufgezogen hatte, ließ sich alles problemlos mit dem Bordwerkzeug zerlegen.
Hier war dann der Übertäter. Die Nieten des Antriebsflansches waren alle gebrochen, so dass dieser sich Richtung Achsgetriebe verflüchtigt hatte und nicht mehr in die Bohrungen eingriff. Klasse und das Samstagabend halb Acht irgendwo in Schottland.

Nach 5 Minuten kam ein sehr freundlicher Mann auf einem Fahrrad und half mir das Rad in seine kleine Gartenhauswerkstatt zu Transportieren. Wir schlugen die Nieten aus der Nabe und Bohrten die Löcher – an Ermangelung passender Schrauben - auf 6mm auf. Da wir nur 6 Schrauben aufgetrieben hatten, wurde eben nur jede zweite Niete ersetzt, die restlichen greifen ja noch in die Bohrungen und treiben ebenfalls mit an. Es hat gehalten und zuhause habe ich dann die restlichen Nieten auch durch Schrauben ersetzt.

In dieser Laube konnten wir zu Dritt mein Rad reparieren. Die Frau des Hauses brachte uns noch Orangesaft und wir unterhielten uns noch über dieses schöne Land. Als ich dann fragte, wie ich denn Danke sagen kann für seine Hilfe, erwiderte er nur: „Hab einfach nur Spaß in unserem Land und erinnere dich an uns“. Dann fuhr er mich zum Moped und wartete bis ich alles angebaut hatte. Hier will ich nochmals Danke sagen.
Fast vergessen…. Hier ein Bild meiner Route des ersten Tages auf der Insel

(weiter mit Teil 2)
hoffe euch nicht all zusehr zu langweilen mit meinem Geschreibsel
Gruß
der Indianer