Nun gut, zu postkolonialistischen Denkmustern bin ich wohl zu jung und meine Erziehung zu gut. Für mich ist "wild" ein Adjektiv mit vielschichtiger Deutungsweise (von "von wilder Schönheit", über "wild und frei", zu "wild und ungehobelt") und der daraus abgeleitete Nominativ ebenfalls frei von rassistischer Deutung. Niemand würde "wild tanzen" direkt mit traditionellen Stammesritualen afrikanischer Ureinwohner in Verbindung bringen, oder doch? Viel eindeutiger ist da eigenltich noch der "Barbar" und daraus folgend "barbarisch". Wäre man da so stockeitel und würde das Wort auf seine Historie bezogen verwenden, müsste sich doch jeder Hipster direkt provoziert fühlen?
Ja, das macht mir etwas schlechte Laune, dass Worte und Sprache offenbar mit steigender Begeisterung missinterpretiert und unter dem Deckmantel humanitären Engagements immer weniger neutral, als viel mehr stigmatisiert behandelt werden und man so dem oberflächlich propagierten Credo der Aufklärung und Offenheit in krasser Weise entgegenwirkt.
Damit beziehe ich mich im Übrigen nicht auf bestimmte Personen hier, sondern bringe meine allgemeine Einschätzung zum Ausdruck. Meines Erachtens muss man in vielen Fällen doch selbst eine gehörige Portion bestimmter Ansichten mitbringen, um sich über manche Dinge zu ereifern. Vielleicht ist das auch nur der Versuch, die eigene Scham auf andere zu projizieren, indem man ihnen die eigenen unterbewussten Vorstellungen unterstellt? Oder ist es der Drang, sich moralisch über den Rest zu erheben? Ich weiß es nicht.
Wie dem auch sei, habe ich auch etwas schlechte Laune, weil in den vergangnen drei Tagen zwei Menschen aus meinem Leben geschieden sind, was den eigenen Geburtstag doch etwas überschattet.
Gruß,
Andreas