so ca. alle 10 Jahre hab ich das Verlangen, ein altes Moped nach meinen eigenen Vorstellungen auf- und umbauen.
Vor 22 Jahren eine BMW R75/5 als Caferacer, vor 11 Jahren eine Shovelhead Harley FLH und seit April 2013 eine Guzzi SP1000 als Cafescrambler.
Das Cafescrambler-Baustellenfahrzeug so jetzt so weit, dass ich es Euch mal vorstellen kann.
Der Begriff Baustellenfahrzeug ist dabei nicht im üblichen Sinn zu verstehen. Aber alles, was ich an meiner im April 2013 gekauften SP1000 angefaßt habe, erwies sich als Baustelle. Somit hat sie sich den Spitznamen redlich verdient. Das tut der Liebe zu meiner Bella Machina aber keinen Abbruch.

Die ehrliche und preislich gute Ausgangsbasis für eine neue Guzz, die in die Richtung einer 10 Jahre zuvor bedauerlicherweise verkauften SP1000 gehen sollte, fand sich in Brühl. Mit frischen 2 Jahren TÜV, einem bekanntermaßen leichten Ölverlust zwischen Motor und Getriebe, welcher auf einen defekten Kurbelwellensimmerring schließen lies und diversen kleineren Macken brachte sie mich immerhin willig und auf eigenen Rädern in die Heimat im nördlichen Sauerland. Geplant war, das Gerät innerhalb der nächsten 2 Jahre zu fahren und gleichzeitig pö a pö so umzubauen, wie ich sie mir vorstellte und irgendwann auch den Simmerring zu erneuern bzw. den Ofen eben so tief zu zerlegen.
Zum guten Ton gehört es, natürlich erst mal alle Schmierstoffe zu wechseln und sich einen tieferen Überblick über die Technik bzw. deren Zustand zu verschaffen. Und damit nahm das Elend auch gleich seinen Anfang auf dem Weg zum Baustellenfahrzeug. Im Getriebeöl fanden sich Späne, die nicht zu ignorieren waren. Also nix mit "innerhalb von 2 Jahre", sondern sofort zerlegen. Das Getriebe ging in die Revision zu einem Spezialisten und stellte sich als Totalschaden raus. Es war wohl mal zerlegt und falsch zusammengebaut worden - ein Totalschaden das Ergebnis. So wurde es einer Generalüberholung unterzogen - jetzt sollte es für die nächsten 100000 km gut sein.
Glücklicherweise zeigte sich zumindest der Motor in einem guten Zustand, soweit man das beurteilen kann, ohne ihn komplett zu zerlegen.
Als nächstes durfte ich dann lernen, dass das "saugende" Spiel zwischen Kreuzgelenk und Stützlager nicht normal ist, sondern dass auch hier Ersatz erforderlich ist, wenn man Folgeschäden vermeiden will. Und wenn man schon mal dabei ist, kann man natürlich auch gleich den vorderen Simmerring, die Steuerkette und den Kettenspanner erneuern.
Die Haltemutter des Zünschlosses aus Kunststoff war auch gebrochen. Hübschen Ersatz gab es im Fachhandel aus Alu. Leider paßte das Gewinde nicht perfekt. Bis ich es merkte, drehte sich das Schloss im Gehäuse aber schon mit. In der Folge ließ es sich nur noch sehr zweifelhaft schalten - also Ersatz bestellt. An das Ersatzschloss paßten dann die original Rundstecker nicht mehr - also Flachstecker and die Kabel gebaut.
Der Endantrieb sollte natürlich auch frisches Öl bekommen. Beim Ausdrehen der Kontrollschraube war das Gewinde des Gehäuses dermaßen verliebt in die Schraube, dass es gleich daran hängen blieb. Die Schraube war anscheinend eingeklebt. Ein Gewindeeinsatz schaffte zwar Abhilfe, der Querstift verabschiedete sich allerdings beim Abbrechen mit der Spitzzange auf direktem Weg ins Gehäuse und klebte auf der Innenseite - super. Nach rund 2 Stunden Spülen kam der Schnupsel aber dann doch heraus. Puh - wenigstens Zerlegen gespart.
An der Gabel war ein verchromter Trümmerkotflügel nebst damit verbundenem Stabi verbaut - das Geraffel sollte planmäßig einem hübschen CR-Kotflügel weichen. Ansich kein Problem. Beim Abbauen des Stabis kam mir aber auch gleich freudig der Simmerringe aus einem Standrohr entgegen. Also Gabelrohre ausgebaut und beim Spezialisten komplett überholen lassen, bei der Gelegenheit konnte er sie auch gleich polieren.
Nebenbei wurde natürlich die Lackierung des Rahmens ausgebessert. Und sie bekam neue Lafranconi-Auspufftöpfe, ein neues T-Stück, Agostini-Rasten, einen Ölwannenzwischenring mit außenliegendem Ölfilter, eine neue Sitzbank, einen LSL-Scrambler-Lenker (daher die Bezeichnung Cafescrambler), Ochsenaugen, Scheinwerferhalter der V7 Sport, einen schwarzen Scheinwerfer, ein Hella-Schwanenhalsrücklich einer alten Vespa GS150, hinten einen neuen Kabelstrang, einen neuen Regler, vorne einen GFK-Kotflügel mit selbst gefertigten Alu-Haltern, hinten einen GFK-Roadster-Kotflügel, dreieckige GFK-Seitendeckel, Edelstahlschrauben und tausende weiterer Kleinigkeiten.
Jetzt wurde es Zeit für ein neues Kleidchen. Meine Vorstellung ging in eine Kombination zwischen poliertem Alu, mattem schwarz und Lackteilen in teakbraun von Audi. Die Lackteile habe ich entsprechend vorbereitet. Der Tank hatte 3d-Guzzi-Schriftzüge, die mit Stiften in Bleche eingesteckt waren. Unter diesen Blechen in den Vertiefungen des Tanks in befand sich bereits bedrohlicher Rost, wie sich nach der Montage der Schriftzüge bzw. der Bleche herausstellte. Also gut, dass sie ab kamen.
Nun habe ich den Lacksatz vom Lackierer wieder und alles angebaut. Tatsächlich ist alles genau so, wie ich es mir vorgestellt habe. Das teakbraun paßt ausgezeichnet zu dem polierten Aluminium und zu dem mattschwarz, was sich immer wieder an der Guzzi findet. VoOn der Linie her ist sie insgesamt schön flach gehalten und zierlich schmal - mal von den abstehenden Zylindern abgesehen. zumindest zum Heck ist nichts breiter als die Sitzbank. Stummellenker hätten mir sicherlich auch gefallen, aber der schwarze Scrambler-Lenker ist einfach bequemer und handlicher und paßt meiner Meinung nach auch gut ins Gesamtbild. So ist es eben kein Caferacer, sondern ein Cafescrambler. ;o)
Ist natürlich mein Geschmack. Ich finde es super, ein Bild im Kopf zu haben, und dieses Bild dann hinterher genaus so umgesetzt zu finden.
Das Baustellenfahrzeug ist noch längst nicht fertig, aber mir gefällt sie schon. :cheese
Weitere geplante Steps sind:
- ein Lederriemen von der Tankklappe aus bis unter die Sitzbank - wie bei den historischen Racern.
- eine weitere Sitzbank als reiner Einsitz-Höcker, die mehr von dem hinteren Kotflügel zeigt
- Stahlflex-Bremsleitungen
- mattschwarze Beschichtung der Felgen mit polierten Rändern (Speichenräder sind einfach unverschämt teuer geworden)
- ...
Aber das hat mindestens weitere 12 Monate Zeit. :-)
Cafescrambler-Gruß aus dem Sauerland
Pasche