Seite 12 von 12

Re: Umbau / Customizing XS850

Verfasst: 28. Dez 2025
von JRMaier
Teil 22 der Umbau-Story:

Nacharbeiten (05.2023 - 06.2025):


Endlich Fertig!

Endlich Fertig? Leider: Nein!

Nach mehreren Fahrten musste ich zu meinem Leidwesen feststellen, dass alle Maßnahmen die ich ergriffen habe, die mörderischen Vibrationen ab 2500 U/min in den Griff zu bekommen, erfolglos blieben!


Selbst nach der Reparatur des Kerzengewindes des Zylinder2 waren die Vibrationen noch immer da! Nach Konsultationen mit verschiedenen Leuten hatte ich den Versuch unternommen, das Kerzengewinde im eingebauten Zustand zu reparieren.


Dazu wurde folgendes Vorgehen empfohlen:
- Staubsauger an den "nächstgelegenen" Auspuff hängen, den anderen verstopfen.
- den betreffenden Zylinder auf OT stellen und dabei Sicherstellen, das das Auslassventil offen ist (der geneigte Schrauber weiß, das tritt alle 2 Umdrehungen bei einem Viertaktmotor ein)
- Gewinde für Buchse schneiden (bei laufendem Staubsauger, dabei nicht mit Öl oder Fett schmieren, sondern mit WD40 oder Spiritus!
- Mit Druckluft bei laufendem Staubsauger Brennraum ausblasen, damit keine Späne drinbleiben,
- Buchse einsetzen und wenn nötig verstemmen
- Das wars!

Das hat auch super geklappt. Die Kerze war nun richtig drin und die Elektrode ragte nun (wohl) endlich auch in den Brennraum. Leider, wie oben schon erwähnt, brachte es nichts!


Nach weiteren Konsultationen von Experten musste es wohl doch an einer krummen Kurbelwelle oder an einem krummen Pleuel liegen (alles andere war nun ausgeschlossen). Diese Teile habe ich vor dem Einbau leider nicht vermessen (wer denkt denn auch an so was!)! Um der Sache auf den Grund zu gehen, zog ich den Lichtmaschinenläufer ab und maß den Rundlauf des Kurbelwellenstumpfes mit einer Meßuhr. Leider schwankte der Zeiger beim Drehen des Motors mit dem Anlasser bedenklich hin und her, also war wohl doch die Kurbelwelle schuld und der Motor, in den ich so viel Zeit und Geld gesteckt habe, war ohne ganz große Reparatur so nicht verwendbar! Ihr könnt euch vorstellen, wie gefrustet ich war! Aber Aufgeben gilt nicht!!!!


Also machte ich mich auf die Suche nach einem ordentlichen Motor. Nach einem Monat wurde ich auch glücklicherweise fündig! Ein Händler bot einen Motor einer US-XS850 (3G2) an, mit gerade mal 28.000 km drauf, der noch nie geöffnet worden war! Das hörte sich schon mal sehr gut an! Nach einigem hin und her per Mail und Telefon fasste ich vertrauen und gab das Geld für den Motor aus (billig wars nicht). Schickerweise sind die 3G2-Motoren von Haus aus silber/alu-farben, das passte auch ins Konzept meines Umbaus und ich musste nicht die Farbdose bemühen.


Ein paar Tage später kam der Motor auf einer Halbpalette bei mir per Spedition an und ich nahm ihn unter die Lupe. Alles super in Schuss nur das Äußere hatte durch die lange Standzeit gelitten. Der Motor hatte über die Jahre heftig Patina angesetzt. Also Motor erst einmal von außen gründlich reinigen!


Nach dem Einbau einer vollelektronischen Zündplatte und ein paar kosmetischen Maßnahmen war der Motor einbaufertig. Also "alter" Motor raus, "neuer" Motor rein. Alles wieder zusammenbauen und nach 2 Tagen war alles wieder klar für den 1. Startversuch. Der Motor sprang sofort an und lief ruhig. Nach dem die Vergaser neu gesynct waren, wurde eine 50 km Probefahrt unternommen. Vibrationen gab es noch, aber die waren so, wie ich es (eigentlich) erwartet hatte. Die "Killer-Vibrations" waren endlich weg!


Bild
Bei der Probefahrt mit dem Austauschmotor


Der Motor sieht zwar nicht so schön neu aus wie der ursprüngliche, aber voll fahrfähig ist die XS jetzt endlich! Leider ist die Saison 2023 schon wieder fast rum. Der angepeilte Besuch des Glemseck101 hat leider nicht geklappt!


Aber eine Baustelle hatte ich immer noch! Ich bekam ums verrecken nicht die Luft aus dem vorderen Bremssystem! Dieses Problem wurde aber jetzt auf das Frühjahr '24 verschoben. Die XS wurde für die Winterpause eingemottet!


Im April '24 ging ich das Bremsproblem an. Im Winter kaufte ich bei ebay eine komplette vordere Bremsanlage einer FZR1000 mit 6-Kolben-Festsätteln (also genau das, was ich brauchte) und da alles im zusammengeschraubten Zustand demontiert worden war, hoffte ich, dass die Zangen in Ordnung waren. Bei meinen Versuchen die Bremse endlich entlüftet zu bekommen hatte ich bereits die Handbremspumpe getauscht und mit einem neuen Kolbensatz überholt, habe neue Bremsleitungen gekauft und eingebaut (gleich ein bisschen länger, damit die Leitungen nicht mehr so straff sitzen) und die Bremsleitungen anders (ich hoffe besser) verlegt. Alles hat nichts geholfen. Es musste also an den Zangen liegen.


Zuerst wurden die gebrauchten Zangen von der alten Bremsleitung getrennt und die Kolben so weit wie möglich gereinigt und zurückgedrückt. Das ging schon mal sehr gut! D.h. die Bremskolben in den Zangen waren alle gängig (das sind immerhin insgesamt 12 Stück!). Dann kamen neue Bremsbeläge rein und ein schöner, aber kühler Nachmittag wurde dann genutzt, die Zangen zu tauschen. Beim Entlüften kamen nun keinerlei Bläschen mehr raus und der Druckpunkt war sauber. Das war zwar vorher auch schon so, aber nach längerer Standzeit oder beim Fahren hat die Anlage immer wieder Luft gezogen. Am nächsten Morgen prüfte ich den Druckpunkt wieder und er war immer noch gut! Leider wars zu kalt für eine Probefahrt. Mitte April gab es eines Nachmittags doch mal Sonne mit 16 Grad und ich packte die Gelegenheit beim Schopf und unternahm eine Probefahrt! Der Druckpunkt der Bremse blieb die ganze Zeit da wo er hingehört und jetzt endlich funktionierte die Bremse wie sie sollte! Für eine XS850 unstandesgemäß gut!


Bild
Probefahrt mit überholter Bremse


Wer das Bild betrachtet wird feststellen, dass ich die Lenkerenden-Spiegel nun mittlerweile nach oben geklappt habe. Die Spiegel "hängen" zu lassen ist nur optisch ein Gewinn, aber man muss sich immer verrenken, wenn man nach hinten sehen will! Das war mir zu gefährlich beim Fahren, deshalb wurden die Spiegel anders herum montiert und das ist jetzt viel besser! Ich will ja mit der XS850 sicher fahren können, dafür habe ich sie aufgebaut!


Danach musste ich mich noch den Vergasern widmen. Scheinbar waren die Schwimmer defekt oder falsch eingestellt. Als ich im letzten Sommer ´24 die XS vor dem Urlaub abgestellt hatte, vergaß ich die Benzinhähne zuzumachen. Als ich nach dem Urlaub eine kleine Runde drehen wollte, war kaum noch Sprit im Tank, im Schuppen roch es stark nach Benzin und das Ölschauglas war voll! Ein Blick in den Öleinfüllstutzen offenbarte die Bescherung! Der Motor war mit Benzin vollgelaufen! Um Gottes willen, jetzt bloß nicht den Motor starten!!!! - erst Mal raus mit dem Scheiß! Letztlich habe ich fast 8 Liter Öl-/Benzin-Gemisch aus dem Motor geholt. Jetzt kann ich wenigstens sicher sein, dass der Motor innen sauber ist! Etwas Bedenken hatte ich, ob das die Kupplungsscheiben überlebt haben, aber bis jetzt passt alles! Blöd war, dass dies mit dem Austauschmotor passiert ist. Aber ich habe es zu Glück rechtzeitig gemerkt. Als Interimsmaßnahme werden die Benzinhähne sofort geschlossen, bevor ich den Motor ausschalte!


Nach einiger Recherche fand ich heraus, dass es für die bei mir verbauten (sogenannten) MikuniII-Vergaser (die auch in der XS100 Verwendung finden) auch passende Kunststoffschwimmer gibt. Ich konnte also die leicht verdellten Blechschwimmer in Rente schicken! Der Aus- und Einbau war problemlos. Wie erwartet war die Herausforderung das Einstellen des Schwimmerstandes! Nach mehrfachen Prüf- und Einstellzyklen hat es dann endlich gepasst und meine Hände und der Schuppen stanken nach Benzin – zum Glück rauche ich nicht! Die Vergaser kamen nun wieder an ihren Bestimmungsort, wo sie nach dem Synchronisieren wieder ihre Arbeit aufgenommen haben!


Bei meinen Fahrten mit der XS nahm ich dann doch ein Zischen wahr, wenn der Motor heiß geworden ist. Scheinbar waren die Krümmerdichtungen doch nicht so dicht, wie ich es erhofft und erwartet hatte. Also doch die Kupferdichtungen raus und Originaldichtungen rein. Ich habe mir 3 neue bestellt und beim Einbau musste ich feststellen, dass da jemand bei der Herstellung an uns Biker gedacht hat. Der Außendurchmesser der Dichtungsscheiben war so groß, dass diese sich in der Krümmeröffnung leicht festgeklemmt hatten und nicht rausfielen, so wie die, die bei den Dichtungssätzen dabei sind. Das hat den Wiedereinbau der Krümmer ERHEBLICH vereinfacht! Nach dieser Maßnahme war das Zischen beim Fahren auch weg!


Ein kleiner optischer Upgrade war der Tausch der XJR1200-Dämpfer mit goldenen Ausgleichsbehältern hinten gegen welche, die verchromte Hülsen auf den Behältern hatten.


Bild
Leicht neue Optik


Ende 2024 entschloss ich mich, die XS einem "Zuverlässigkeitstest" zu unterziehen und mit ihr 2025 zum XJ-Frühlingstreffen zu fahren. Zum Einen war ich schon mehrfach drauf angesprochen worden, dort meinen Umbau zu zeigen, zum Anderen wollte ich wissen, wie die XS sich auch auf längeren Strecken schlägt (nicht nur auf der Kaffee-Runde). Was fehlte waren Gepäckträger. Natürlich könnte man einen Sack oder eine Gepäckrolle hinten drauf festzurren, aber so eine „Notdurft“-Lösung widerspricht meinem Naturell! Am besten würden wohl Leinentaschen zur Optik meines Roadsters passen – da gab es doch was bei Tante Louise!


Tatsächlich, Legend Gear LC2-Taschen! Leider gab es für dieses System keinen passenden Träger für meine XS (was zu erwarten war, immerhin ist mein Schätzchen nun schon 43 Jahre alt!). Was es aber gab, waren universale SLC-Trägerovale, für die man die Halter für sein Moped selber herstellen konnte! Genau mein Ding! Also wurde ein Pärchen der Träger bestellt und nachdem ich sie an die XS gehalten habe, machte ich mich auf die Suche nach möglichen Befestigungspunkten. Vorne war klar: die Federbeinaufnahme! Und hinten? Da dachte ich sofort an die im Heckrahmen befindlichen Blinkerhalteraugen, die YAMAHA damals in mehreren Motorrädern hinten eingebaut hatte. Ein großes rundes Auge mit zwei Nasen um etwas verdrehsicher einzubauen. Das Teil gab es meines Wissens seit der XS650 und war auch in der XS1100 und der XS750 vorhanden. Nach kurzer Überlegung konstruierte ich einen zweiteilige Halteplatte. Von Innen ein aus Aluminium gedrehte Scheibe mit einem Ansatz und 2 Ausfräsungen, die in die Nasen eingreifen. Von außen dann eine Stahlscheibe. Durch die beiden Platten geht zentrisch eine 8,5 mm Bohrung und die beiden Scheiben werden zur einfachen Montage mit zwei Senkschrauben verschraubt. Das Ganze zweimal für links und rechts.


Bild
Haltescheiben


Als das fertig war stellte ich jeweils zwei Laschen aus Stahl her, die auf der einen Seite mit dem Träger verschweißt wurden und auf der anderen Seite eine Bohrung erhielten um sie vorne an der Federbeinaufnahme und hinten der Haltescheibe zu verschrauben. Die größte Herausforderung dabei war das genaue Ausrichten. Dabei stellte ich fest, dass der Träger die Blinkerhalter verdeckt, also mussten 2 weitere Laschen gemacht werden, um die Blinker an den Träger schrauben zu können (Hepco & Becker z.B. macht es ja genauso).


Bild
Innere Scheibe eingesetzt

Bild
Halter verschraubt


Als das alles erledigt war, schob ich die XS zu meinem Nachbarn (der mit dem Schweißgerät) und er sicherte die ausgerichteten Laschen am Träger mit jeweils 3 Schweißpunkten. Dann wurden die Träger abgeschraubt und ich gab sie an einen Schweißer, der bei uns in der Firma jeden Tag Kilometer an Schweißnähten legt. Der hat dann die Laschen mit den Trägern verschweißt. Dabei war er so gründlich, dass man daran wohl einen Leopard 2 dranhängen kann! Nach dem Verputzen der Nähte wurden die kompletten Träger sandgestrahlt und schwarz pulverbeschichtet. Nach der Montage war ich mit dem Ergebnis sehr zufrieden!


Bild
Gepäckträger montiert


Das Ganze sieht meiner Meinung nach absolut professionell aus! Da die Träger recht klein bauen, verschandeln sie auch nicht die Linie, wenn keine Koffer dran sind!


Bild
Träger reiseferig montiert


Bild
Taschen eingehängt


Der Praxis-Test im Frühjahr 2025 verlief sehr erfolgreich. Die Taschen passten optisch perfekt und das Ganze war auch reisetauglich, auch wenn die Taschen etwas kleiner sind (ca. 14l / Tasche) als meine H&B Junior-Koffer mit denen ich mit den XJs auf Reisen gehe. Nur Wasserdicht sind sie nicht, man muss seine Habseligkeiten in eine wasserdichte Innentasche packen, aber es gibt schlimmeres!


Bild
Old-School neben Schnabeltier - Meine XS im vollen Reisedress neben einer modernen Leipziger Reiseenduro – die XS sieht geradezu schmächtig aus gegen so ein Monstrum!


Ideen für weitere kleine optische Verbesserungen habe ich noch. So schwebt mit vor, einen 17l Tank alufarben-seidenmatt (nicht hochglanz wie der aktuelle) zu lackieren und von Hand mit roten oder schwarzen japanischen Schriftzeichen "YAMAHA" auf den Tank zu schreiben.

Re: Umbau / Customizing XS850

Verfasst: 28. Dez 2025
von GalosGarage
Gefällt mir auch. :respekt:

Re: Umbau / Customizing XS850

Verfasst: 28. Dez 2025
von Alphons
Phänomenaler Bericht über ein bemerkenswertes Motorrad! Da kann man nur den Hut ziehen, Jürgen!

:clap: :respekt: :beten:

Re: Umbau / Customizing XS850

Verfasst: 28. Dez 2025
von Mopedjupp
Ja so gibt's immer was zu tun, und aus Fehlern lernt man! :wink:
Das Moped gefällt mir gut, gut auch das Du den goldenen Ausgleichsbehälter geändert hast.
Das einzige was mir nicht gefällt ist die lange Sitzbank!
Schöner Bericht von dir der letzten Jahre! .daumen-h1:

Gruß Reinhold

Re: Umbau / Customizing XS850

Verfasst: 28. Dez 2025
von Bambi
Sauber, Jürgen!
Anerkennende Grüße, Bambi

Re: Umbau / Customizing XS850

Verfasst: 28. Dez 2025
von JRMaier
Mopedjupp hat geschrieben: 28. Dez 2025 Ja so gibt's immer was zu tun, und aus Fehlern lernt man! :wink:
Das einzige was mir nicht gefällt ist die lange Sitzbank!
Hallo Reinhold,

da hast du recht! Entweder stolpert man über ein Problemchen oder es zündet eine neue Idee!

Die Sitzbank wollte ich so lang haben. Wie geschrieben basiert sie auf der originalen Sitzplatte und ist aufklappbar wie im Original. So kommt man problemlos an die Batterie und das Werkzeugfach. Nach meinem Gefühl braucht ein Roadster eine lange Sitzbank. Aber das ist nun wirklich Geschmackssache. Interessant wäre auch eine einsitzige Bank mit einem festen Gepäckträger statt dem Soziussitz.

Grüße Jürgen

Re: Umbau / Customizing XS850

Verfasst: 28. Dez 2025
von Bambi
Hallo Jürgen,
und wenn's dann mittels Schnellverschlüssen rasch zu wechseln wäre ...
Zustimmende Grüße, Bambi

Re: Umbau / Customizing XS850

Verfasst: 28. Dez 2025
von Caferacer63
Ich finde die XS auch sehr gelungen :clap:
Ist mal was anderes!

Re: Umbau / Customizing XS850

Verfasst: 28. Dez 2025
von mrairbrush
Da Du offensichtlich öfters Tankrucksack benutzt und ein seidenmatter Lack schlecht zu pflegen ist (polieren geht ja nicht) solltest einen reinen PU Lack verwenden und keinen Acrylautolack in Seidenmatt. Da wirst nicht glücklich mit. Die sehen sehr schnell verratzt aus.

Re: Umbau / Customizing XS850

Verfasst: 29. Dez 2025
von trinentreiber
Die XS ist ein sehr schönes Motorrad geworden, gefällt mir ausnehmend gut. Die Trägerlösung ist der 🔨.