Teil 11 der Umbau-Story:
Motorstart -1- (04./05.2021):
Der Winter war endlich rum. Leider hält der Frühling in Deutschland dieses Jahr noch überreichlich kalte Tage bereit, so das die Wiederaufnahme der Arbeiten ziemlich schleppend von statten geht. Der nächste Schritt ist die Wiederinbetriebnahme des Motors nach der "Generalsanierung".
Der erste Schritt war natürlich die teilweise Wiederherstellung der Elektrik, so das die Motorsteuerung wieder funktioniert. D.h. Beleuchtung und Blinker werden erstmal nicht benötigt. Aber die Lenkerschalter und das Cockpit mit den Warnleuchten mussten unbedingt angeschlossen werden. Da aber die letzten 39 Jahre nicht spurlos an den Teilen der XS vorbei gegangen sind, nahm ich mir erstmal die Lenkerschalter vor.

Geöffneter linker Lenkerschalter mit dem Behelfs-Hupenknopf
Schon bei der Demontage der Teile war mir aufgefallen das die Knöpfe des Anlassers und der Hupe davongeflogen waren (alte Krankheit der Yamahas dieser Epoche) und der Vorbesitzer hier eine provisorische Reparatur vorgenommen hatte. Erstmal wurde alles äußerlich gereinigt, dann die Schalter zerlegt. Die Ersatzknöpfe waren bereits Ende letzten Jahres beschafft worden.
Nachdem die Gehäuse geöffnet waren baute ich die Innereien aus, reinigte alles gründlich und baute dann die Knöpfe ein. Dabei fiel mir auf, das eine der Lötstellen des Lichtschalters gebrochen war und das Kabelende nur lose an dem Lötkontakt anlag. Aber erstmal fummelte ich den neuen Schaltknopf in den Anlasserschalter ein.

Knopf eingebaut, Kontakt lose!
Im Anschluss wurde mit Lötfett und neuem Lötzinn das Kabelende und der Kontakt auf die Verlötung vorbereitet und verlötete dann die Litze. Prompt brach auch noch der Nachbarkontakt am Schalter ab und musste ebenfalls angelötet werden. Der Rest verlief problemlos und ich konnte die Lenkerschalter wieder an die provisorisch auf die Lenkerbrücke der USD-Gabel montierten Original-Lenkstange anbringen und die Kabel der Schalteinheiten am Kabelbaum anschließen. Zum Glück hat man bei Yamaha ordentlich gearbeitet und die Stecker ließen sich zweifelsfrei an die richtigen Anschlüsse des Kabelbaums anbringen.
Das Originalcockpit wurde gereinigt und alle Birnchen geprüft, dann wurde auch dieses an der oberen Gabelbrücke montiert. Das hängt jetzt ein bisschen Schräg dran, ist aber nur solange, bis ich weiß, wie ich das Cockpit endgültig gestalten will. Ideen habe ich schon, aber erstmal wird alles möglichst original wiederhergestellt, damit auch alles funktioniert. Experimentieren kann man dann, wenn alles läuft! Sonst weiß man nie woran es liegt, wenn Probleme auftauchen! So, die Elektrik war jetzt erstmal soweit vorbereitet. Der Rest kommt dann, wenn eine Batterie eingebaut wird.
Was braucht man für einen Motor sonst noch, damit er läuft? Richtig! Vergaser und Auspuff!
Ich suchte Nannos Mikuni Flachschiebervergaser raus, die ich letztes Jahr bei ihm gekauft hatte und prüfte die Schwimmerkammer auf verharzte Kraftstoffreste. Ich stellte nichts fest und der Vergaser ist innen absolut sauber, d.h. der Vergaser ist, wie von Greg a.k.a. Nanno versprochen, einbaufertig!
Nachdem die Ansaugstutzengummis montiert und mit Edelstahlbändern befestigt waren, steckte ich die Vergaserbank ein und schraubte diese ebenfalls mit Edelstahlbändern fest. Da Greg die Vergaser für offene Luftfilter abgestimmt hatte kamen zum Schluss ovale Einzelluftfilter auf die Ansaugstutzen der Vergaser. Das sah jetzt zwar absolut super aus, kann aber leider zur TÜV-Abnahme nicht so bleiben. Für den ersten Motorlauf taugt das in jedem Fall!

Nanos Flachschieber-Vergaser mit den offenen Luftfiltern. Schick ist das!
Warum kann ich die offenen Luftfilter nicht drauf lassen fragen sich bestimmt einige. Ich weiß ja nicht, welche Medizinmänner ihr kennt, die euch offene Luftfilter "einfach so" eintragen, aber mein Prüfer vom örtlichen TÜV hat mir bei einer kurzen Nachfrage klar zu erkennen gegeben, dass ohne offizielle und anerkannte Leistungsprüfung und Lärmgutachten er keine Eintragung vornehmen kann, darf und will! Es fiel dabei auch das böse Wort von "Gefälligkeitsgutachten" die scheinbar andere Prüfer an anderen Prüfstellen und anderen Prüforganisationen machen würden. Ich will das hier aber nicht weiter vertiefen, ich halte mich erstmal daran und werde zur Vorführung nach dem Umbau meine XS brav mit Original-Vergasern und LuFi-Kasten vorstellen. Offene Lufis sind für mich nur ein optischer Gag und weitere Recherchen haben ergeben, das ich das später immer noch machen kann. Ist mir auch (fast) lieber so, da kann ich den Motor erstmal ordentlich einfahren bevor weiter "customized" wird. Immerhin ist er im Zustand "0 km"! Es gibt auch so erstmal noch genug abzunehmen und einzutragen!
Endlich war draußen mal warmes und sonniges Wetter und ich schob mein Projekt aus dem Schuppen und arbeitete im Warmen weiter. Dann füllte ich erstmal alle Öle ein. Für die Ölstandkontrolle des Zwischengetriebes und des Endantriebs musste ich mir erst einmal den notwendigen Peilstab besorgen. Den gibt es zur Zeit scheinbar nur in England zu kaufen und nach der Bestellung dauerte es fast 14 Tage bis er bei mir im Postkasten lag (Sch*** Brexit!). Aber an diesem Tag passte alles und ich füllte in die beiden Getriebe Hypoid-Getriebeöl ein. Dem Motor flößte ich mineralisches 15W40-Motoröl ein bis die Marke im Schauglas erreicht war. Nach dem ersten Motorlauf werde ich aber nachfüllen müssen, da im Ölkühler und im restlichen Ölkreislauf sich aktuell ja nur kalte Luft befindet.
Einer der Kommentatoren meines Projektberichtes schlug vor, einen originalen XS750-Kickstarthebel zu montieren, nicht den gekröpften, der auf den bisherigen Bildern immer drauf war, weil das besser aussehe. Also hab ich so einen montiert und nachdem ich noch ein paar Spritzer Öl in die Zylinder gegeben habe, wurde der Kickstarter ein paar mal betätigt um etwas Öl in den Zylindern zu verteilen und der Ölpumpe etwas zum Saugen vorzusetzen. Dabei stellte ich schnell fest, das der Kickstarthebel der XS750 beim Durchtreten mit dem Fußbremshebel kollidiert! Also den gekröpften wieder montiert, dann passiert das nicht mehr. Wie heist der Wahlspruch der deutschen Ingenieurs-Zunft: "Form follows funktion!" (aber auch darum sehen italienische Mopeds immer heißer aus als alle anderen Kräder, da die italienischen Ingenieure die Umkehrung dieses Spruches leben!).
Beim Stöbern bei ebay fielen mir kürzlich 6-Kolben-Festsattelbremsen ins Auge die laut Angebot aus einer FZR1000 stammen sollten. Die müssten also auch bei mir passen, da ich eine USD-Gabel der FZR1000 verbaut habe. Bei meiner weiteren Recherche fand ich aber heraus, das diese Zangen originär nie bei der FZR dran waren, sondern eigentlich von einer YZF750 stammen. Da diese aber auch die großen Scheiben hat, passen diese an die FZR. Irgendwie gefielen mir diese massiven Zangen und schaute deshalb nach einem guten Angebot, dass sich auch bald auftat. Laut Verkäufer waren die Zangen top in Schuss, die Bilder versprachen auch Gutes und der Kurs hat auch gestimmt. Also her damit!
Bei meiner Sonnenschein-Schrauber-Session wurden dann die Pro Forma montierten Blaustern-Zangen gegen die 6-Kolben-Stopper getauscht. Diese Zangen sind wirklich eine Wucht. Dagegen wirken die Blaustern-Zangen wie Spielzeuge!

Blaustern-Bremszangen der XJR1200/FZR1000

6-Kolben Bremszange YZF750
Nachdem ich die Zangen live an meinem Projekt gesehen habe, bleiben jetzt die 6-Kolben-Zangen dran!
Was denkt ihr?
Die letzte Komponente ist der Auspuff. Natürlich kann ich zum ersten Start die Originalanlage montieren, was ich wahrscheinlich auch tun werde. Aber mittlerweile habe ich mich nach Alternativen umgesehen. 3-in-1-Anlagen lasse ich aber mit Absicht außen vor. Da sieht die eine Seite ohne Auspuff immer so leer aus.
Die beiden Alternativen die ich bis jetzt ins Auge gefasst habe wären:
1.
Krümmeranlage einer Triple-Triumph und Zubehör-Endschalldämpfer ohne TÜV-Gutachten. Was natürlich gleich wieder einen erhöhten Zulassungsaufwand bedeuten würde.
2.
Eine Auspuffanlage der XS850 3J2, die erheblich kürzer ist als die der XS850 4E2. Aber da diese auch für diesen Motor/ dieses Motorrad von Yamaha entwickelt und verbaut wurde, lässt diese sich aller Wahrscheinlichkeit nach relativ problemlos eintragen. Natürlich habe ich mir (wieder in England) eine solche Anlage besorgt (für ihr Alter in bestechend gutem Zustand!). Freundlicherweise hatte Yamaha diese auch mit "3J2" bei der Produktion gestempelt. Zusammen mit einer Briefkopie, die die zugehörigen Lärm- ähm Geräuschdaten enthält, wird eine Eintragung sich wohl erheblich einfacher gestallten.
Zum Abschluss meines Schraubernachmittags wurde der linke Teil der Anlage mal provisorisch an die XS gehalten und natürlich fotografiert.
Was meint ihr dazu, passt das?

Auspuff 3J2 an meiner XS850
Zum Schluss dieses Teils noch eine Bild vom aktuellen Bauzustand der rechten Seite.

Ansicht von rechts mit dem gekröpften Kickstarthebel und den offenen LuFis.
Im nächsten Teil kommt dann der Auspuff dran und der Motor wird endlich gestartet. Ein bisschen Nervös bin ich schon: Hält der Motor dicht, baut die Ölpumpe schnell Öldruck auf? Ich bin aber zuversichtlich das alles hinhaut!
PS: Wenn jemand mir eine Briefkopie bzw. KFZ-Schein-Kopie. Kopie der Zulassungsbescheinigungen der "XS850 3J2" zukommen lassen kann, wäre ich der-/demjenigen sehr dankbar!