Es wird Zeit mein aktuelles Projekt in Worte zu fassen und ein wenig zu dokumentieren.
Vor knapp zwei Jahren war es wieder soweit, ein Motorrad musste her, aber was für eins? 1-Zylinder, Twin, V-Twin, 4-Zylinder...?
Die Anforderungen waren schnell klar, das Budget wie immer kaum existent, ein Platz zum Schrauben noch immer nicht vorhanden aber dafür eine Ausbildung in der Metallindustrie Begonnen und zumindest der Zugriff auf Werkzeug gesichert.
Also, was darf es sein?
- Möglichst leicht
- Alt genug um diverse Umbauten zu realisieren
- Mit TÜV bzw. fahrbereit
- Möglichst günstig in der Anschaffung, am liebsten unter 1000€
- Solide Technik und realistische Ersatzteilversorgung
- Günstig im Unterhalt und Verbrauch
Tja was soll ich sagen, da bleibt nicht mehr viel übrig. Die wirklich guten Angebote waren innerhalb von Sekunden vergriffen oder ganz einfach zu weit weg.
Am Ende ist es (Überraschung) eine Honda XL 185s von 1979 für 800€ geworden.
Das Motorrad wurde von 2 Brüdern aus einer fast kompletten XL und einer, die sie in Einzelteilen gekauft hatten, zusammengebaut.
Viel mehr Details konnte ich kaum in Erfahrung bringen, sie wurde auf 12V umgebaut (wie genau war dem Besitzer nicht klar) und lief bei der Probefahrt ganz okay. Eine Kiste voller Teile gab es auch noch dazu.
Also natürlich trotzdem alles eingepackt und mitgenommen.
Die Überraschungen kamen dann später.

Der Zustand war auf den ersten Blick okay, auf den zweiten offenbarten sich einige Baustellen.
Die Kupplung (Beläge) waren am Ende.
Die Bremsen waren, selbst für die kleinen Trommeln, doch etwas schwach und die Beläge auch hier alt und/oder, runter.
Die Elektrik war (und ist noch) ziemlich verbastelt.
Kabeldiebe, ein Audi Relais?, viel Isolierband, vergammelte Kontakte und Quetschverbindungen und mein Favorit bis jetzt:
Die Reflektoren in den Blinkern waren aus Alufolie "Nachgebaut" und im Rücklicht fand ich dafür ein Stück halbwegs glänzendes Aluminium, das auch dort die Lichtausbeute auf ungefähr 0,5 Teelichte absinken lies.
Also erstmal das Wichtigste erledigt, neue Bremsbeläge, neue Kupplung (Beläge und Lamellen), neue Züge, den "Ölfilter" gereinigt, ein paar neue Dichtungen, der obligatorische Ölwechsel, wenn wir schon dabei sind ein neuer Kettensatz und natürlich die geliebten Antriebsdämpfergummis in der Hinterradnabe.




In meiner Moppedkiste habe ich noch ein paar Hella Ochsenaugen gefunden, also die direkt verbaut und die originalen entfernt.
Die habe ich dann aber schnell wieder gegen günstige LED Blinker ersetzt, zum einen wegen der bescheidenen Optik der Ochsenaugen an einer Enduro, zum anderen weil die restlichen Verkehrsteilnehmer mein Blinken damit kaum wahrgenommen haben.
Die LED Blinker sind auch nicht besonders schön aber reichen fürs Erste dem TÜV und meinen aktuell sehr niedrigen Ansprüchen an die Optik.

Dem aufmerksamen Leser oder der Leserin fällt hier wahrscheinlich auf, dass die Verkleidung und der Original Auspuff verschwunden sind, das Rahmendreieck sehr hastig halbwegs leergeräumt wurde und ein Edelstahl Auspuff + Einzelluftfilter aufgetaucht sind.
Nun ja das Wetter war schnell schlecht, die Langeweile groß und ein Kurs in VA-WiG Schweißen stand sowieso auf meiner Wunschliste.
Abgesehen davon war mir der undichte, schwere und schei** klingende original Auspuff sowieso ein Dorn im Auge.
Denn ich wollte unbedingt ein Mopped mit KN Einzelluftfilter, ob das Sinn macht oder nicht, der muss da dran.

Natürlich hatte ich nicht damit gerechnet dass unter der rechten Seitenverkleidung eine ekelhafte Rostbeule als Mittelschalldämpfer versteckt ist, die eine Montage des ersehnten Pilzes fast unmöglich machte. Dazu eine lustig zusammengenietete Kombination aus nicht mehr vollständiger Airbox und einem grob bearbeiteten Stück Aluminium an das ein Aftermarket Laderegler geschraubt war.
Natürlich alles mit VA Baumarktschrauben ohne nennenswerte Festigkeitsklasse, zusammengebastelt.
Also musste alles raus und ein neuer Auspuff + Krümmer her.
Hier habe ich dann beschlossen den Krümmer aus "Pie-Cuts" zusammen zu braten.
1,5m V2A waren nicht besonders teuer, 28mm auch ziemlich genau der Außendurchmesser des original Krümmers, also ran an den Speck.
Als erstes habe ich mit herkömmlichen Stahl getestet ob die Form des Krümmers halbwegs zu kopieren ist.
Dann mein VA rohr in 2-3 unterschiedliche Sorten Winkelstücke oder eben Kuchenstücke gesägt.
Als nächstes alles so zusammengeheftet, dass es in etwa der originalen Form nach kommt, aber bis nach hinten zum neuen Endtopf reicht, Heck-Kotflügel und Rahmen nirgends berührt und halbwegs ordentlich aussieht.
Nachdem das erste Stück, das auch das komplizierteste war, passte und von einem Kollegen als Vorführobjekt durchgeschweißt wurde, habe ich mich an den Rest gewagt und alles nach Augenmaß und mit viel try & error, zusammengebraten.
Das Schweißen an sich war nach ein paar Versuchen nicht das Problem, vielmehr die Rohrführung nach hinten, aber auch das ging innerhalb von ein paar Tagen erstaunlich gut.
Natürlich ist das ganze nicht Showroom-Qualität und die WIG Profis werden wahrscheinlich lachend unterm Schweißtisch liegen, wenn sie meine Schweißnähte sehen, aber hey, es hält, es funktioniert und vor allem rostet es nicht.






Den Krümmerflansch habe ich vorher aus V4A gefräst und gedreht und mit viel Mühe zurechtgefeilt und geflext.
Die Klemmstücke als erstes aus Bronze gedreht, dann aber doch auch aus V4A nachgebaut.
Die Hutmuttern sind Müll und werden noch ersetzt.
Das Endstück des Krümmers, dass von den Klemmstücken an den Kopf gedrückt wird, habe ich ebenfalls aus VA nachgebaut.
Zum Schluss noch die coolen Anlauffarben wegpoliert (Korrossionsschutz) und etwas abgeschliffen das Ganze.
Der Krümmer ist noch ein Tick zu lang am hinteren Ende und könnte auch noch ein Mal etwas schöner abgeschliffen werden, aber wie gesagt, die Optik kommt zuletzt.



Der erste Testlauf war, laut.
Also habe ich aus etwas Stahlrohr und Rundmaterial-Resten einen DB-Killer zusammengeschweißt und im neu gestopften Endtopf versenkt.
Der Sebring Endtopf wurde etwas modifiziert damit der Krümmer passt und stammt von einer NSR 125.
Die Nahfeldmessung bei 6000 Umdrehungen ergab übrigens 89 von erlaubten 90DB, Punktlandung also.

Natürlich habe ich meine Motorradhose auch direkt noch kaputtgeschmolzen, diese hat jetzt ein Loch von einer CB750KZ und eines von der kleinen XL, schöne Andenken eigentlich, aber bevor es Narben gibt habe ich noch schnell einen Hitzeschutz aus irgendwelchen Materialresten zusammengeschraubt.

Die schwarze Schwinge musste ich mitterweile aus dem Rahmen rausflexen, da die Schwingenachse mit der Hülse im inneren der Schwinge eine nicht-lösbare Gammelverbindung eingegangen ist.
Die Schwinge ist jetzt rot und 4-5 Jahre Jünger, dafür aber abgeschmiert und ohne Spiel. Bronze-Schwingenlager werde ich bei Zeiten noch drehen, damit die Bakelitkacke da rauskommen kann.
Für die vorerst letzte Fahrt zum Prüfer fehlen jetzt nur noch neue Schläuche, Heidenau K67 liegen bereit, dann werden die gleich auch noch eingetragen.
Ansonsten ist alles in Ordnung und wird eingetragen. Knackpunkt ist der DB-Killer und die sehr zahme Lautstärke des ganzen Gefährts.
Wer Hintergründe zur Abnahme haben möchte, der meldet sich bitte per PN, ich habe keine Lust mehr auf TÜV-Diskussionen hier, danke!
Ach so einen zweiten Tank habe ich sandgestrahlt und hier liegen, auch ein hohes original Schutzblech in weiß.
Aber wie gesagt die Optik kommt zuletzt, als nächstes wird der Kabelbaum erneuert und auch der Scheinwerfer soll 100% LED, aber das kommt vermutlich erst nach dem Sommer. Auf der Straße Schrauben reicht erstmal jetzt. Es wird Zeit zu fahren!
Peace