Ich lese hier schon seit längerem immer wieder gerne mit, hatte in den letzten Jahren aber wenig Gelegenheit, selbst 'was zu machen. Das hat sich jetzt geändert, ich mache es einfach während der Arbeitszeit! Ich lehre im Bereich Design an einer Fachhochschule, und zusammen mit 6 Studentinnen und 6 Studenten bauen wir in diesem Semester ein Motorrad um.
Der Andrang zu dem Kurs war überraschend hoch, fast 40 Leute wollten mitmachen, ich war durchaus überrascht. Grob gesagt geht es in die Richtung Café Racer, und zwar »Old School« – also nicht einfach viele teure Sachen dran schrauben, sondern mit relativ wenig Geld ein stinknormales, gängiges Motorrad so umbauen, dass es coool aussieht.
Weil wir bestimmt noch ein paar Fragen stellen werden, möchte ich unser Projekt hier einmal vorstellen.
Ich wollte das »normalste« aller Motorräder als Basis nehmen, und darum haben wir uns für eine 1999er Suzuki GS 500e entschieden. Sicher nicht die allererste Wahl, wenn man einen Umbau starten will, aber die Jungs in den frühen 60er Jahren, die den Begriff Cafe-Racer prägten, hatten ja auch immer nur die Maschine, mit der sie halt zur Arbeit gefahren sind, die hatten gar kein Geld für Exotischeres. Außerdem habe ich mir gedacht, dass aus einer CB 750 jeder ein schönes Krad machen kann, bei einer GS 500 e ist die Herausforderung doch viel spannender.
Wichtig war uns ein gut laufender, nicht schwarzlackierter (!) Motor. Eine GS 500e ist ja nicht wirklich schwer zu finden, und bald hatten wir eine für 800 Euro inklusive 2 Jahren TÜV. Das gute Stück hat auf beiden Seiten leichte Sturzschäden (leider auch ziemlich zerkratzte Motorendeckel), ist tiefergelegt, besitzt zwei unterschiedlich farbige Räder, und – wie alle GS 500 e – häßlich wie die Nacht. Aber: fährt einwandfrei, guter Motorklang, bremst hervorragend, nichts wackelt. Neuer Kettensatz, ziemlich gute Reifen, alles gut gewartet, Laufleistung insgesamt 18.000 km.

Nach gründlicher Recherche und vielen Entwürfen haben wir uns auf folgende Eckdaten geeinigt:
- Alle Plastikverkleidungen weg
- Rahmen anthrazitfarbig lackieren/pulverbeschichten
- Sitzbank mit Höcker selber bauen (und zwar aus Stahl!), Sitz aus naturfarbenem Leder
- vorderes Schutzblech aus Stahl
- Sitzbank, Tank, Lampe: blanker Stahl, gebürstet, klarlackiert, ggf. mit farbigen Lackelementen
- Rahmendreieck (wenn man davon sprechen kann) möglichst freiräumen
- Stummellenker, Lenkerendspiegel (rund)
- Drehzahlmesser mittig, ggf, kleiner Tacho asymmetrisch dazu
- Räder Aluminum blank (gebürstet/geschliffen, nicht poliert)
- Motor und Auspuff grundsätzlich original, eventuell etwas andere Auspuffverlegung
- ...
Mit vereinten Kräften wurde die Suzuki in den Keller gewuchtet, dort haben wir eine Werkstatt, in der wir ungestört arbeiten können.
Dann haben wir erst einmal angefangen, das gute Stück auseinander zu nehmen und alle Einzelteile in Tüten zu packen. Für einige der Studierenden ist es das erste Mal, dass sie einen Schraubenschlüssel in der Hand haben – aber das ist ja auch genau der Punkt. Inzwischen steht der nackte Rahmen vor uns, damit sollte es zum TÜV gehen, um das weitere Vorgehen abzusprechen.

Unser Ziel ist es eigentlich, zu Beginn der vorlesungsfreien Zeit Mitte Juli fertig zu sein (das erscheint mir im Moment allerdings recht sportlich ...). Wie auch immer, wir treffen uns einmal in der Woche und haben viel Spaß.
Ich bin gespannt.
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