Am Ende muss jeder für sich selbst entscheiden, was er für ein Moped zu zahlen bereit ist.
Ein paar Argumente zur Preisverhandlung würde ich dennoch ausspielen, denn die gelten auch in Österreich:
Bei 78tsd ist in jedem Fall eine neue Steuerkette und eventuell eine neue Spannerschiene fällig.
Da sie CDI-gezündet ist, iat auch damit zu rechnen, dass die Zündladespulen in der Lichtmaschine defekt sind (siehe Link zum FAQ). Das merkt man meist erst, wenn der Motor warmgefahren ist und gefordert wird. Meist äussert sich das durch ein Leistungsloch zwischen 5000-6000 U/min.
Wenn ich da in der Beschreibung lese "Ein billiges,gemütlich fahrbares Tourenmotorrad", würde es mich nicht wundern, wenn dem Verkäufer das noch nicht mal aufgefallen ist.
Ohne die Lichtmaschine selbst, also nur Ignitech, Steuerkette, Motordichtungen, Simmeringe, WaPuDichtung usw kann man da schon locker mit 300 € rechnen, die bei der Preisverhandlung berücksichtigt werden sollten.
Den Rahmen sollte man, besonders
im Bereich der hinteren unteren Motoraufnahme und der Halter für die Soziusfussraten auf Korrosionsschäden prüfen. Wird man dort fündig, wird aus dem kompletten Moped erst mal nur ein Teileträger.
Bei der Besichtigung auch mal ein Gefäß unter den Endantrieb stellen und die Ölablaßschraube kurz öffnen. Kommt da noch fließendes Öl raus oder nur eine fließfettartige schwarze Masse?
...und dann sind da noch die üblichen Standschäden, die nach 10 Jahren Standzeit einfach nicht ausbleiben. Als da sind - vom Motor, da er sich angeblich noch dreht, mal abgesehen - die Vergaser, die Lenkkopflager, die Bremsen und die Gabel. Die alten Gummi-Bremsschläuche sind eh Schrott.
Zum Überprüfen der Kipphebelwellen und Austausch der Ventilschaftdichtungen müssen die Köpfe runter. Die Gabel sollte zumindest komplett zerlegt und gereinigt werden. Ein einfacher Ölwechsle reicht da nicht, da ansonsten zu viel Schmodder. drin bleibt.
Wenn ich den Text in der Beschreibung lese, habe ich das Gefühl, dass der Verkäufer seine Gülle durch die rosarote Brille betrachtet. "Gemütliches Fahren" löst bei mir immer ein beklemmendes Gefühl in der Magengegend aus, das es sehr oft auch mit untertourigem Fahren verbunden ist. Der Motor hat Gleitlager. Diese brauchen, nachdem sie möglichst schnell auf Betriebstemperatur gebracht wurden, ordentlich Drehzahl, damit sie lange halten. Ein gemütliche und schaltarmes Fahren verbunden damit, dass der Motor mit geringer Drehzahl aus dem Keller raus beschleunigt wird, ist für Gleitlager tödlich.
So lange Du´s nicht in einer ausgiebigen Probefahrt getestet hast bleibt das Angebot, mal ganz nüchtern betrachtet, ein Buch mit sieben Siegeln.
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