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Engländer und deren Reputation

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Bollermann
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Re: Engländer und deren Reputation

Beitrag von Bollermann »

So.........jetzt mach ich hier mal den Advocatus diaboli. :mrgreen:

Aus eigener Erfahrung könnte ich zwar nur was mit vier Rädern beisteuern, was durchaus ähnlich wäre, aber ein Bekannter, der Konstrukteur bei Volkswagen war, sagte mir, daß so ziemlich alle Engländer, die er in die Finger bekommen hat, Mist waren.
Da wären viele Teile dramatisch unterdimensioniert, was aber zum Teil darauf zurückzuführen wäre, das die Hersteller dem immer schneller steigenden Leistungsbedarf gegenüber der japanischen Konkurrenz in den 60ern durch hemmungsloses Aufbohren eigentlich schon längst veralteter Konstruktionen Paroli bieten wollten. Das geht halt nur begrenzt bis irgendwo was zu schwach wird.
Im Gegensatz zu den Japanern, die damals alle paar Monate komplette Neukonstruktionen auf den Markt warfen.

Aber das wäre es nicht allein. Auch konstruktive Klopse wäre da reichlich verbaut.
Beginnend mit der Frechheit, Paralleltwin-Motoren anzubieten, bei denen beide Kolben gleichzeitig rauf und runter gingen. Ein Desaster!
Da käme ein deutscher Konstrukteur für in die Hölle, weil man so was (zumindest damals) nie vernünftig laufruhig hinbekommt.
Dann andere Klopse wie z.B. tief eingestochene Nuten in Getriebewellen, um mit Sprengringen irgendein Hebelchen zu positionieren. Und das an der am stärksten belasteten Stelle. Was dann auch nicht ohne Folgen blieb.
Lack und Chrom wären auch eher von spärlicher Qualität, was ich bei vier Rädern durchgehend bestätigen kann.
Ein besonderes Kapitel ist dann noch die Elektrik von Lucas aus der Zeit, die es tatsächlich schafft, qualitativ noch unter Magneti Marelli abzufallen. Da hat er immer dicke Adern auf der Stirn bekommen, wenn er davon erzählte.

Als ich ins Alter kam, ein richtiges Motorrad fahren zu dürfen, war eine 750er Triumph das, was vor zwanzig Jahren eine Pre-Unit Royal Enfield war:
Ein aus der Zeit gefallenes Produkt für Oldtimerfans, die keine Lust oder keine Ahung zum Restaurieren hatten und sich so was neu kaufen mussten; halt Vintage-Retro².
Nicht schön, sondern damals einfach nur altmodisch.
Die wollte in den 80ern wirklich keiner mehr haben, schwör.

Mein Bekannter hat eine Menge Engländer gehabt. Triumph, Matchless, Norton und noch ein paar andere.
Am längsten; neun Jahre; eine Norton Commando, mit der ihn eine Haßliebe verband.
Lief die, war er der glücklichste Motorradfahrer der Welt. Meistens war er aber nicht richtig glücklich.
Irgendwann war er aber auch die leid und hat sich die moderne Version seiner unerfüllten Jugendliebe, einer Z1, gekauft.
Eine Zephyr mit 750cc (wegen der runden Ventildeckel), die er in Z1 Farben hat umlackieren lassen
Und die fährt er, seit über 25 Jahren, noch heute.

Achja....geölt haben seine Schätzchen auch alle.
"All swimming in Oil".
Auch seine Garage.

Und jetzt Ihr.. :versteck:
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Zissel
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Re: Engländer und deren Reputation

Beitrag von Zissel »

Bollermann hat geschrieben: 27. Okt 2023 Beginnend mit der Frechheit, Paralleltwin-Motoren anzubieten, bei denen beide Kolben gleichzeitig rauf und runter gingen. Ein Desaster!
Da käme ein deutscher Konstrukteur für in die Hölle, weil man so was (zumindest damals) nie vernünftig laufruhig hinbekommt.
Horex Imperator, 1951? Und die Japaner haben die gleich nochmal in Lizenz gebaut, weil das Konzept so desaströs war?
:prost:
Gruß Martin

Bollermann
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Re: Engländer und deren Reputation

Beitrag von Bollermann »

Sind ja auch alle in die Hölle gekommen. :grinsen1:

Der große Unterschied ist aber, daß der Synchron-Paralleltwin ein damals technisch erfolgreicher Entwicklungsstand war, den die Japaner aufgegriffen, von dem sie sich aber bei ihren Weiterentwicklungen schnell wieder gelöst haben.

Nicht so die Engländer.
Die würden heute noch ihre OHV-Schüttelmotoren gebaut haben, wenn sie denn jemand kaufen würde.
Das mag als Nische noch funktionieren, aber für den breiten Markt waren die Engländer seit den 70ern raus.
Man war der Meinung, das eigene Konzept wäre für den Kunden völlig ausreichend und man könnte auf den ganzen technischen Firlefanz der Japaner verzichten.
Wie sich die Kunden letztendlich entschieden haben, sehen wir ja.
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TeaLow
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Re: Engländer und deren Reputation

Beitrag von TeaLow »

VW hat also doch einen Konstrukteur?!? :grinsen1:
Und was macht der so den ganzen Tag? :lachen1:

Sorry. Bei "VW" Und "Konstrukteur" Triffste bei mir genau ins Schwarze. Bin auch seit 1999 Konstrukteur.
VW empfinde ich jetzt nicht als Musterbeispiel für Konstruktionsarbeit. Gar nicht.
Aber, schon richtig, die anderen machens auch nicht viel besser. Alle im Zeit- und Preisdruck. Versuchsfeld ist heute auf der Straße beim Kunden.

Viele Grüße,
Thilo
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scrambler66
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Re: Engländer und deren Reputation

Beitrag von scrambler66 »

bosn hat geschrieben: 27. Okt 2023 Irgendwie scheinen sich manche Gerüchte über englische Eisen über Jahrzente zu manifestieren.
Ich kaufe zwar schon lange keine Motorradzeitungen mehr, aber sollen die Triumphs nicht inzwischen auch halten :mrgreen: ? Kaufen würde ich mir trotzdem keine, viel zu schwer und irgendwie sehen die Retros alle gleich (langweilig) aus. Die neue 400er https://www.triumphmotorcycles.de/motor ... /speed-400 wäre vom Konzept her was für mich, leider ist die vom Design her auch wieder viel zu zeitgeistig geworden.

Bollermann hat geschrieben: 27. Okt 2023 Als ich ins Alter kam, ein richtiges Motorrad fahren zu dürfen, war eine 750er Triumph ... ein aus der Zeit gefallenes Produkt für Oldtimerfans, die keine Lust oder keine Ahnung zum Restaurieren hatten und sich so was neu kaufen mussten; halt Vintage-Retro². Nicht schön, sondern damals einfach nur altmodisch.
Die wollte in den 80ern wirklich keiner mehr haben, schwör.
auf den Punkt gebracht :wink: Aber die ganz alten Triumphs http://www.meisterdinger.de/triumph/STM500a.jpg :grin: sind schon cool.
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Re: Engländer und deren Reputation

Beitrag von notna »

Das die englische Motorradindustrie in den 70ern und 80ern den Bach runter ging lag mit Sicherheit am wenigsten an den Konstrukteuren: Die wurden getrieben vom Kostendruck, daraus folgend wurden dann unmögliche Konstruktionen abgeliefert, weil die uralten Werkzeuge unbedingt weiterverwendet werden mussten, kein Geld für Neue Werkzeuge da war usw.
Sonst hätte es nie so eine "eigenwillige" Konstruktion wie die 3- Zylinder von Triumph/ BSA gegeben. Da war auch die Vorgabe, möglichst viel von den Twins zu verwenden, so entstand dann das eigentümliche, vielteilige Kurbelgehäuse. Erstaunlich gut war das Ding trotzdem, speziell auch im Rennsport.
Die Herrn Konstrukteure in good old England wussten schon auch wie man es richtig macht, nur, Sie konnten/durften meist nicht.
Nun ja, so unbelehrbare Betonköpfe wie ein Edward Turner, die sich für die Genialsten der Welt hielten, gab es natürlich auch. Aber die hatten wir in Deutschland auch, man denke nur an Richard Küchen (o.k. das war schon in den 50ern). Der gute Edward hat übrigens jeden Ansatz für einen Gegenläufer oder auch ein Mittellager für die KW im Keim erstickt, Er war ja der Boss :mrgreen:
Dass man mit den alten englischen Motorrädern trotzdem gut auch lange Strecken fahren kann, daran hege ich keinen Zweifel. Vorbereitung und ordentliche Wartung ist Voraussetzung und auf die bekannten Schwachstellen muss man halt ein besonderes Auge werfen.
Ich mag generell diese "nicht perfekten" Maschinen, Sie sind einfach so menschlich :wink: :mrgreen:
Mein neuzeitlicher Dreizylinder aus Pesaro zählt auch zu diesen Konstruktionen. Alles, was an andereren Stellen über diese Motorräder geschrieben wurde, stimmt. Für die 2010er- Jahre absolut nicht mehr zeitgemäß, was die Zuverlässigkeit angeht. Oder, anders gesagt ein "Glump", wie wir hier in Bayern gern sagen. Ich mag Sie trotzdem (oder gerade deshalb?). :mrgreen: :grinsen1:

Troubadix
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Re: Engländer und deren Reputation

Beitrag von Troubadix »

Bollermann hat geschrieben: 27. Okt 2023 ...aber ein Bekannter, der Konstrukteur bei Volkswagen war, sagte mir, daß so ziemlich alle Engländer, die er in die Finger bekommen hat, Mist waren...
...Und jetzt Ihr.. :versteck:
VW und seine TSI-TSFI Motoren, finde gerade nur das Video von Scheuerlein nicht wo er erklärt das VW dort Technisch veraltete Ölabstreifringe mit zu kleinen Rücklaufbohrungen im Kolben verbaut...

...aber zu diesem Meisterwerk der Motorentechnik gibts ja auch mehr als genug Videos, nur um mal zu zeigen was ich auf die Meinung eines VW Konstrukteurs gebe...




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Re: Engländer und deren Reputation

Beitrag von Zissel »

Bei den ollen Brit-Twins kommt ja noch ein schrecklicher Anachronismus dazu: es sind Langhuber. Und genau wegen sowas werden sie von so vielen Leuten offenbar geschätzt: leicht, wendig, puristisch, viel Kraft aus dem Keller. Davon ab haben sie noch den unvergleichlich knackigen 360°-Sound und sind nun mal .. schön :wink: Normalerweise müssten die Eigner ja spätestens nach den ersten Runden den Krempel verschenken und sich reumütig was Modernes kaufen. Aber die Preise sehen ja nun eeeher danach aus, dass sie sie nicht mehr rausrücken. Irgendwas muss da also noch zwischen dem ölenden Vibrator, miesem Chrom und schlechten Bremsen stecken, was die Leute davon abhält, sich eine flüsterige sterile Vernunftpackung in, sagen wir mal, "interessanter" Optik zuzulegen :grinsen1:
Gruß Martin

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sven1
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Re: Engländer und deren Reputation

Beitrag von sven1 »

@bosn: ich dachte immer das heißt " Gott schütze mich vor blonden Frauen und Autos die Franzosen bauen ".
Auf jeden Fall habe ich mir vor einiger Zeit ein englisches Puzzle zugelegt an dem ein paar Teile durch feinste japanische Technik der späteren 70'er jahre ersetzt werden.
Nicht weil ich die besser oder passender finde, ich habe einfach noch ein paar von den Teilen rumliegen.
@Andreas: Recht hast du, ohne Ahnung von Strom, ist es egal wierum er fließt (aber auch das Problem habe ich je jetzt gelöst :grinsen1: )
Ansonsten kenne ich nur Leute deren englisches Moped ähnlich viel Probleme macht wie das asiatische Pendant.
Wann sagt eigentlich einer etwas zur Qualität von Ural, IZH und Dnepr?
"Alles muss sich ändern, damit alles bleibt, wie es ist." (Der Leopard, Giuseppe Tomasi di Lampedusa)

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FEZE
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Re: Engländer und deren Reputation

Beitrag von FEZE »

guzzifan hat geschrieben: 27. Okt 2023 Einspruch Bambi.
Für mich der größte Feind des Mopeds ist der beratungsresistente, sich selbst überschätzende Schrauber.
Da bin ich aber sowas von bei Dir.......

Meiner einer hat sich inzwischen gegen eine A65 entschieden obwohl der Motor von einem sehr peniblen Menschen den ich hoch achte komplett überholt wurde.

Man muss den "otto" Motor schon verstehen um selbst bei den puristischen Inselkrädern selber was zu machen.
Dann kommt die eigene Ausstattung seiner Höhle ins Spiel....ich z.B. hab kein ami" oder eng" Werkzeug, ergo zulegen oder jedes Mal im BBW fragen ob mir jemand vertraut....

Ich verstehe aber den alten bosn...die ganzen Karren ohne Charakter sind weichgespült...es schüttelt nix, es passiert nix, es hat keine Emotion.
Bosn allerdings ist auch eine geniale allwissendeundkönnende Maschine der so Dinger im handumdrehen zu tauglichen Apparaten fertig macht.

Ich selber habe nun das erste Mal in meinem Leben einen Einspritzer im Fuhrpark....im WHB sind 46 Seiten darüber!!!!!Die schönen Flachschieber baue ich mit "verbundenen Augen"auseinander und auch wieder zusammen weil es sich von selbst erklärt.

...Wenn ich irgendwann mal nicht mehr fahren kann und zuviel Zeit habe hole ich mir eine G50.....vorher will ich aber die anderen Krads in Ordnung halten....

Übrigens mal seit langem ein interessanter Beitrag mit guten Meinungen, da liest man förmlich wer hier von was Ahnung hat, danke und weiter so.

FEZE
Schaum und Silikon ersetzen Präzision!

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