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Gabelbrücke aus Polen --> Materialgutachten

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r550
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Re: Gabelbrücke aus Polen --> Materialgutachten

Beitrag von r550 »

TortugaINC hat geschrieben: 2. Mär 2021
Versteh ich’s richtig, dass nur die obere Gabelbrücke berechnet wird?
Ja, darum geht es. Ein rechnerischer Nachweis für den Prüfer, dass eine physische Ermittlung der Betriebsfestigkeit dieses Bauteils nicht notwendig ist.
Gruß
Klaus

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TortugaINC
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Re: Gabelbrücke aus Polen --> Materialgutachten

Beitrag von TortugaINC »

So,
ich habs am plakativen Beispiel einer Nuda (CAD ist vorhanden) jetzt mal fix gerechnet. Zulässiges Gesamtgewicht sind 390kg, ich hab mit 400 gerechnet.
schema.jpg
Bei einer Verzögerung von einem G ist FR=Fdyn, bei abhebenden Hinterrad ist FN2=FG
Ich hab das via externer Kraft auf die Vorderachse gegeben und das Joch im Bereich der Lager fest eingespannt. Anzugsmoment der Schrauben beträgt 20Nm. Lastfall 1 ist Klemmung der Schrauben, Lastfall 2 die externe Kraft:
randbedingungen.jpg
Wer sich wegen der Lastannahmen streiten will darf es gern tun- wie sich später herausstellen wird spielts nicht unbedingt die größte Rolle.
So sieht das Ganze in der Übersicht aus:
übersicht.jpg
Bei doppelter Last und sportlicher Verzögerung komme ich auf 2mm, was bei einer gabellänge von ca. 800mm ca. 8,6 Winkelminuten sind. Jochen hat definitiv ein besseres Auge als ich. Die Darstellung ist um ein vielfaches vergrößert, falls sich jemand wundert.


Lastfall 1: Klemmung der Schrauben:
1-0.jpg
Die prognostizierten Spannungen wurden in diesem Beispiel bereits durch die Klemmkräfte übertroffen.
Die Ingenieurskunst mag darin bestehen so viel zu vereinfachen wie möglich. Die relevanten Lasten sollte man dabei aber nicht unter den Tisch kehren, auch wenn man sich damit das leben leicht macht.
FranzJosef911 hat geschrieben: 2. Mär 2021 Dies ist eine ernstgemeinte Frage....Heul nicht wieder rum, dass Dich keiner versteht, sondern rechne mal vor, wie sehr sich Dein Flex auf das Ergebnis auswirkt.
2%,12% oder 200%?

Bitte Dein Einsatz
Jetzt kommen wir zum ideal steifen Rohr. Ich hatte geschrieben, dass Probleme vorprogrammiert sind und Mumpitz raus kommt. Tatsächlich ist es überhaupt nicht möglich sowas zu berechnen. Fehler meinerseits. Mit idealsteifen Rohr, d.h. ohne reibungsfreie Lagerung, d.h. ohne Klemmkräfte hätte das Ergebnis aus dem Bauch heraus um 600-800% daneben gelegen.



Lastfall 2: Klemmung + externe Kraft
1-1.jpg
1-2.jpg
trotz sehr beschissenem Netz kommen wir auf Kerbspannungen von knapp 100 MPa. Kein Grund zur Panik, aber von annähern Lastfrei kann man meiner Meinung nach nicht sprechen.

Lastfall 2 mit veränderter unterer Brücke (schmaler, nur eine Klemmung:
2-1.jpg
2-2.jpg
Da sind über den Daumen gepeilt 10% dazu gekommen (Klugscheißer dürfen jetzt zeigen was sie können). Grund ist, dass der großteil der Spannungen aus der Klemmung resultiert. Würde man diese nicht beachten, wäre der unterschied deutlich größer.

Das lässt sich anhand der Verformung der Brücken in Z-Richtung recht anschaulich darstellen:
1-4.jpg
2-3.jpg
Das, was Sven die ganze Zeit sagte, ist hier sehr deutlich erkennbar. Weniger interessant die Absolutwerte, wichtiger das Verhältnis der Verformungen zwischen oberer und unterer Brücke. Warum geh ich nochmal drauf ein? Weil der Themenersteller einer windige Brücke durch eine 2,5cm dicke gefräste ersetzt. Geht die Brücke kaputt? Mit Sicherheit nicht. Könnte es sich anderweitig auswirken?
Das hat prontolino weiter vorn schön zusammengefasst:
prontoliono hat geschrieben: 28. Feb 2021 Diese wird von der Klemmung oder der Jochschraube(!) davon abgehalten, sich noch oben zu verabschieden. Dann dehnt die Last das Joch (Lagerspiel?) und über die untere Brücke setzt das Joch über Formschluss, Klemmung oder Schweißnaht die Kraft endlich auf das untere Lenkkopflager ab.

Das ist vermutlich nicht das, was der Konstrukteur anstreben sollte. Daher muss er üblicherweise die untere Brücke deutlich steifer in Gabelrichtung auslegen als die obere. Ansonsten sieht oben.....
Bis auf vielleicht die Nummer mit der Jochschraube- da hat die Klemmung der Brücke auf den Standrohren noch ein Wörtchen mitzureden :wink:

Gruß,
Ti
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lenfau
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Re: Gabelbrücke aus Polen --> Materialgutachten

Beitrag von lenfau »

TortugaINC hat geschrieben: 3. Mär 2021 Wer sich wegen der Lastannahmen streiten will darf es gern tun
TortugaINC hat geschrieben: 3. Mär 2021 Bei einer Verzögerung von einem G ist FR=Fdyn, bei abhebenden Hinterrad ist FN2=FG
Kein Streiten, wahrscheinlich ist es nur ein Tippfehler. Im Freischnitt sollte bei abhebendem Hinterrad nicht FN2, sondern FN1 = FG und damit FN2 = 0 sein. Ansonsten wär ja am Vorderrad keine Aufstandskraft mehr vorhanden.

TortugaINC hat geschrieben: 3. Mär 2021 Das lässt sich anhand der Verformung der Brücken in Z-Richtung recht anschaulich darstellen:
Ist hier die globale Z-Richtung, wie im obigen Freischnitt gemeint, oder liegt die Längsachse der Klemmungen in Z-Richtung?
Von der Plausibilität her frage ich mich, warum der Bereich der größten Verschiebung seitlich am Auge ist, und nicht in Fahrtrichtung vorn, wo eigentlich die größte Entfernung zum Drehpunkt Joch zu finden wäre. Kann sein, dass ich mir gerade irgendwo selber ein Bein stelle, aber das kam mir so in den Sinn.

Ansonsten find ichs klasse, dass du dir die Zeit nimmst, das mal durchzurechnen! .daumen-h1:
Grüße,
Lenhard

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TortugaINC
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Re: Gabelbrücke aus Polen --> Materialgutachten

Beitrag von TortugaINC »

Zum ersten Punkt: Da hast du natürlich recht
Zum zweiten Punkt: ja, Z-zeigt in Längsrichtung der Gabel. Die Lastannahmen hab ich entsprechend umgerechnet.
Zur Verformung: hab ich gar nicht drauf geachtet. Wird wohl der steifste Bereich sein, genau Gegenüber von der Klemmung Bzw. dem Schlitz.

Die Neugier hat gesiegt :prost:

Gruß
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BMWfahrerWNSTR

Re: Gabelbrücke aus Polen --> Materialgutachten

Beitrag von BMWfahrerWNSTR »

In wie weit sind Kontakte und das Spiel zwischen Stand und Tauchrohr eingeflossen ?
Welcher Reibwert/ Schlupf Asphalt Gummi wurde angenommen ?

Wie hat Friedel Münch das berechnet ?

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lenfau
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Re: Gabelbrücke aus Polen --> Materialgutachten

Beitrag von lenfau »

BMWfahrerWNSTR hat geschrieben: 3. Mär 2021 In wie weit sind Kontakte und das Spiel zwischen Stand und Tauchrohr eingeflossen ?
Komplett irrelevant für die Kraft die oben an der Gabelbrücke ankommt. Da ist die eingefederte Länge der Gabel bei dem Manöver schon interessanter. Das spielt einem jedoch nur in die Karten, da die Gabel einfedert und damit der Hebelarm sich verkürzt.

BMWfahrerWNSTR hat geschrieben: 3. Mär 2021 Welcher Reibwert/ Schlupf Asphalt Gummi wurde angenommen ?
Ebenfalls irrelevant, wenn das Heck schon hochkommt. Mehr Verzögerung ist nicht drin.

Und Friedel hätte das ebenfalls mal kurz durch die FEM laufen lassen, hätte er die Möglichkeiten gehabt.
Grüße,
Lenhard

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TortugaINC
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Re: Gabelbrücke aus Polen --> Materialgutachten

Beitrag von TortugaINC »

🙏🏻!
Achso, die These der höheren Biegesteifigkeit durch die doppelte Klemmungjst wurde, wie bereits vermutet , widerlegt. Da hat sich so gut wie nichts verändert.

BG
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BMWfahrerWNSTR

Re: Gabelbrücke aus Polen --> Materialgutachten

Beitrag von BMWfahrerWNSTR »

Liegt den die volle Kraft noch an, oder wird nicht ein Teil durch das Drehmoment in eine andere Richtung gelenkt?
Und was passiert mit dem ändern des Lenkkopfwinkel beim aufstellen?
Welche Einflüsse haben Ungleichmäßigkeiten im Material und Oberfläche?

Um es kurz zu machen


Das A und O jeder Art von FEM-Simulation ist , unabhängig vom Anwendungsgebiet und Einsatzfall, der Abgleich der Simulationsdaten mit der Praxis.

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TortugaINC
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Re: Gabelbrücke aus Polen --> Materialgutachten

Beitrag von TortugaINC »

Weil in der Vergangenheit schon über Gabeljochs debattiert wurde (siehe Link), hab ich mir das auch nochmal angesehen.
https://www.caferacer-forum.de/viewtopi ... um#p435444

Zweckmäßigerweise musste eine Radbedingung geändert werden. Martin ist allem Anschein nach vom Fach, er wird das sicher kurz erklären.
1-5.jpg
2-4.jpg
Bei der Variante mit der dünneren unteren Gabelbrücke sind etwas mehr Spannungen auf dem Steuerrohr, insgesamt aber relativ unkritisch. Die nicht in die Berechnung eingeflossenen Zugspannungen durch die obere Mutter können das Kraut fett machen, je nach dem wie gut oder schlecht die Lenkkopflager ausgerichtet sind (Kaizen hat das in einem anderen Thread erklärt). Die Biegespannungen sind jedenfalls nicht besorgniserregend.

Gruß,
Ti
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Schinder
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Re: Gabelbrücke aus Polen --> Materialgutachten

Beitrag von Schinder »

Setzen, sechs.
Die Sevenfifty um die es geht hat keine USD Gabel.


In der verschwendeten Zeit wurden in Polen bereits einige
Dutzend alltagstaugliche Gabelbrücken gefertigt.



.
Ich würde mich ja gerne entschuldigen, aber es tut mir einfach nicht leid.

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